Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stralsund, der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt und des Landeskriminalamtes Mecklenburg-Vorpommern
Am 10.08.2021 durchsuchten Beamte der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Schleuser (GES) der Bundespolizei und des Landeskriminalamtes MV im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stralsund elf Objekte in den Landkreisen Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte sowie zwei Objekte in Niedersachsen. Der Einsatz wurde auch durch Beamte des Polizeipräsidiums Neubrandenburg und der Landespolizei Niedersachsen unterstützt. Im Zuge dieser Maßnahmen konnte umfangreiches Beweismaterial sichergestellt werden.
Die Ermittlungen richten sich gegen sieben Beschuldigte im Alter von 19 bis 59 Jahren mit griechischer Staatsbürgerschaft (mit georgischer Herkunft) wegen des Verdachts des Einschleusens von Ausländern, des Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen, Urkundenfälschung, Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft bzw. der Beihilfe zu diesen Taten.
Die Beschuldigten sind verdächtig, seit dem Jahr 2019 an unterschiedlichen Orten in den Landkreisen Vorpommern Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte sowie dem Land Niedersachsen Restaurants zu dem Zwecke eröffnet zu haben, um dort Personen aus Drittstaaten, die eines Aufenthaltstitels bedürfen, einzuschleusen und unter ausbeuterischen Verhältnissen zu beschäftigen. Hierzu wurden diese Personen einerseits mit gefälschten Dokumenten bzw. polnischen Visa ausgestattet, um eine Scheinfreizügigkeit bzw. eine Arbeitsberechtigung in Deutschland zu suggerieren. Andererseits wurden diese auch, ohne eine die Erwerbstätigkeit legitimierende Aufenthaltsberechtigung, in den Restaurants und darüber hinaus in mehreren, mittels inkriminierter Gelder erworbener, Immobilien zu Bautätigkeiten eingesetzt.
Im Zuge der heutigen Durchsuchungsmaßnahmen konnten neben den Beschuldigten weitere 21 Personen angetroffen werden, bei denen der Verdacht besteht, dass sie unter Nutzung ge- und verfälschter Dokumente illegal beschäftigt wurden bzw. die einen illegalen Aufenthaltsstatus aufwiesen. In den folgenden Ermittlungen ist zu prüfen, ob die angetroffenen Personen auch Opfer von Menschenhandel geworden sind.
Der Hauptbeschuldigte wurde vorläufig festgenommen und soll am 11.08.2021 dem Haftrichter vorgeführt werden.
Die Durchsuchungen dienten neben dem Auffinden der illegal aufhältigen Personen auch dem Auffinden von Beweismittel, insbesondere von Aufzeichnungen über die Anwerbung, Schleusung und Beschäftigung der Arbeitskräfte, dem Erlangen von Anhaltspunkten für Menschenhandel sowie der Sicherstellung von rechtswidrig erlangten Vermögenswerten.
Gegen die Beschuldigten wurde ein Vermögensarrest von 840.000 EUR erlassen. Dies entspricht dem durch die Ermittler errechneten und begründeten Betrag, der durch das kriminelle Geschäftsmodell erwirtschaftet wurde.
Bei den Durchsuchungen kamen ca. 300 Beamte des Bundespolizeipräsidiums, der Bundesbereitschaftspolizei, der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, des Landeskriminalamtes, des Polizeipräsidiums Neubrandenburg und der Landespolizei Niedersachsen zum Einsatz.
Hintergründe zum Verfahren
Seit mehreren Jahren wird im gesamten Bundesgebiet vermehrt festgestellt, dass Drittstaatsangehörige gefälschte Personaldokumente aus EU-Mitgliedstaaten nicht nur zur illegalen Einreise, sondern insbesondere zur Registrierung in der deutschen Verwaltung und zur Eröffnung von Bankkonten und der anschließenden Arbeitsaufnahme nutzen. Häufig werden die Migranten dabei von Leiharbeitsfirmen oder Agenturen vermittelt, die zum Teil ihren Sitz nicht in Deutschland haben. Betroffen sind vor allem Wirtschaftsbranchen wie das Baugewerbe, das Speditions- und Zustellgewerbe sowie die fleischverarbeitende Industrie.
Auch in anderen EU-Mitgliedstaaten wurde diese Vorgehensweise festgestellt. Dieses Phänomen fällt unter anderem bei anlassunabhängigen Kontrollen der Polizei, der Zollbehörden, aber auch bei Meldeämtern und sensibilisierten Firmen auf.
Der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Schleuser (GES) lagen seit Dezember 2020 erste Erkenntnisse vor, dass die Beschuldigten Juni 2019 mit dem Ziel der Ausbeutung der Arbeitskraft Personen mit gefälschten Dokumenten illegal nach Deutschland einschleusen.
Die Beschuldigten stehen miteinander in einem engen familiären Verhältnis. Sie beschäftigen die Personen aus den Drittstaaten unter Scheinlegalität, Lohnvorenthalt bzw. Zahlung erheblich geringer und branchenunüblicher Löhne sowie unter bewusster Ausnutzung der Illegalität zur eigenen Gewinnmaximierung. Die Beschuldigten beschafften gefälschte griechische Ausweisdokumente, um die überwiegend georgischen Staatsangehörigen bei den zuständigen Ämtern als EU-Bürger anzumelden und ihnen so die illegale Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Des Weiteren stellten die Beschuldigten Unterkünfte zur Verfügung, organisierten Fahrdienste und unterstützen die Arbeiter bei Kontoeröffnungen und Behördengängen. Dabei gingen sie arbeitsteilig und in unterschiedlichen Verantwortlichkeiten vor.
Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen können derzeit keine weiteren Auskünfte erteilt werden.
Es gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung.
Der Polizeiführer und Leiter Abteilung Schwere Kriminalität im Landeskriminalamt MV, Kriminaloberrat Michael Simoni:
"Den heutigen erfolgreichen Durchsuchungsmaßnahmen sind intensive Ermittlungen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Schleuser (GES) der Bundespolizei und des Landeskriminalamtes MV vorausgegangen. Diese Form der Zusammenarbeit hat sich bei der Bekämpfung der organisierten Schleuserkriminalität und illegalen Beschäftigung seit Jahren bewährt.
Für die Gesellschaft, insbesondere für die Sozialkassen sowie Unternehmen, welche die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, entstehen durch diese Kriminalitätsform enorme Schäden und Wettbewerbsnachteile. Zum anderen wird die wirtschaftliche Not und die Arbeitskraft der Betroffenen schonungslos ausgenutzt. Die Sicherheitsbehörden werden gegen diese Straftaten weiterhin konsequent vorgehen."
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