Mannheim/Heidelberg/Rhein- „Sextortion“ – vom harmlosen Flirt zur organisierten Erpressung; Vorsicht vor dubiosen Bekannt-schaften im Internet – nicht auf Erpressungsversuchen eingehen

Die Ermittler der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg registrieren seit wenigen Wochen wieder vermehrt organisierte Erpressungen auf sexueller Grundlage, der unter dem Begriff "Sextortion", der aus den englischen Wörtern Sex und Extortion - Erpressung - zusammengesetzt ist. Bei der Begehungsweise unterscheiden die Ermittler zwischen zwei Varianten, die klassische Variante und die Spam-Variante. Im Bereich des Polizeipräsidiums Mannheim ist die Spam-Variante derzeit auf dem Vormarsch. Alleine seit dem 20. November registrierten die Ermittler insgesamt 20 Fälle (Mannheim: 7; Heidelberg: 4; Rhein-Neckar-Kreis: 9) dieses Deliktsfeldes. In der Mehrheit der Fälle blieb es beim Versuch. Lediglich drei Opfer zahlten den geforderten Betrag von mehreren hundert Euro. Spam-Variante: Bei der Spam-Variante von "Sextortion" verschicken die Täter an ihre Opfer per E-Mail ein Erpresserschreiben, in dem sie behaupten, von ihrem Opfer kompromittierende Sexvideos aufgenommen zu haben und dann Geldbeträge fordern, damit diese nicht veröffentlicht werden. Häufig werden derartige E-Mails massenweise ohne konkretes Ziel als Spam-Mails verschickt in der Hoffnung, dass sich unter den Empfängern Personen befinden, welche sich in letzter Zeit z.B. Pornos angeschaut haben, durch die Androhung eingeschüchtert werden und deshalb zahlen. In diesen Fällen ist der Computer der Betroffenen weder infiziert, noch sind die Kriminellen tatsächlich im Besitz von kompromittierendem Material. Die "echten" Zugangsdaten, ehemalige Passwörter oder E-Mail-Adressen der Opfer, die durch Datenpannen, "Hacken" oder sogenannten Datenleaks gelangten in die Hände von Kriminellen und wurden im Darknet angeboten und weiterverkauft. Klassische Variante: Die klassische Sextortion-Variante beginnt mit einem harmlosen, meist anonymen Flirt im Internet und endet oft mit hohen Geldforderungen. Die Täter bringen ihre Opfer dazu, sich vor der Webcam auszuziehen und sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen. Anschließend erpressen sie ihre gutgläubigen Chatpartner. Die späteren Opfer lernen zunächst eine fremde Person über ein soziales Netzwerk wie Twitter, Snapchat, Instagram, Facebook oder eine Dating-Plattform kennen. Im Laufe der Zeit, wird die von den Tätern forcierte Kommunikation immer vertrauensvoller mit dem Ziel, die potentiellen Opfer dazu zu überreden, sich vor seiner Webcam auszuziehen und sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen. Letztendlich sitzen die Opfer dann in der Sex-Falle, wenn im nächsten Schritt die Kommunikation auf die Video-Telefonie gelenkt wird. Die sexuellen Handlungen werden aufgezeichnet und schließlich damit gedroht, diese Videos oder Bilder im Internet zu veröffentlichen oder an Freunde zu verschicken, falls der geforderte Geldbetrag nicht gezahlt würde. Das Phänomen "Sextortion" betrifft mehrheitlich Männer, aber, wie die Erfahrungen zeigen, können auch Frauen davon betroffen sein. Die Kriminalpolizeidirektion Heidelberg registrierte im Jahr 2020 insgesamt 69 Fälle in Mannheim (20), Heidelberg (15) und dem Rhein-Neckar-Kreis (34). Im Jahr davor waren es noch insgesamt 40 Fälle. In den ersten elf Monaten dieses Jahres wurden in Mannheim (22), Heidelberg (7) und dem Rhein-Neckar-Kreis (34) bereits insgesamt 63 Taten angezeigt. Dies dürfte allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein. Die Dunkelziffer dürfte laut den Ermittlern ein Vielfaches der angezeigten Fälle betragen. Die allermeisten Opfer nehmen den Geldverlust einfach hin und verständigen aus Scham nur in den seltensten Fällen die Polizei. Die Aufklärungsquote ist bei diesem Deliktsphänomen äußerst gering und liegt unter 10 Prozent. Meistens sind die Drahtzieher in Banden organisiert, operieren vom Ausland aus oder nutzen sogenannte Bots, um ihre Erpresserschreiben per Mail zu verteilen. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Heidelberger Fahnder, führen alle bisherigen Spuren auf den afrikanischen Kontinent sowie in den osteuropäischen und südosteuropäischen Raum. Um nicht Opfer dieser Erpressungsmasche "Sextorsion" zu werden, gibt die Polizei folgende Empfehlungen: - Nehmen Sie nie Freundschaftsanfragen von fremden Personen an. - Prüfen Sie regelmäßig Ihre Account- und Privatsphäre-Einstellungen. - Seien Sie zurückhaltend mit der Veröffentlichung persönlicher Daten wie Anschrift, Geburtsdatum oder Arbeitgeber. - Stimmen Sie nicht vorschnell einem Videochat zu. Im Zweifel: kleben Sie die Chatkamera zunächst ab, um lediglich verbal zu kommunizieren und das Geschehen zu beobachten. - Stimmen Sie keinen Entblößungen oder intimen Handlungen in Videochats zu, wenn Sie die Person erst seit Kurzem kennen. - Halten Sie Betriebs- sowie Virenschutzsysteme auf Ihren online-genutzten Endgeräten wie Smartphone, Laptop, Tablet oder Computer immer auf dem aktuellen Stand, um sich vor Schadsoftware, sogenannter Malware, zu schützen. Es gibt Malware, die Ihre Webcam problemlos aktiviert und Sie damit jederzeit filmen kann. - Ändern Sie regelmäßig Ihre Passwörter bei Online-Diensten- und - nutzen Sie unterschiedliche Passwörter. Nicht nur ein Passwort für alles.Sollte es bereits dennoch zu einer Erpressung gekommen sein, wird folgendes Handlungsmuster empfohlen: - Überweisen Sie kein Geld. Die Erpressung hört nach der Zahlung meist nicht auf. - Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei. - Kontaktieren Sie den Betreiber der Seite und veranlassen Sie, dass das Bildmaterial gelöscht wird. Nicht angemessene Inhalte kann man dem Seitenbetreiber über eigens hierfür eingerichtete Buttons melden. - Brechen Sie den Kontakt zu der anonymen Person sofort ab, reagieren Sie nicht auf Nachrichten. - Sichern Sie die Chatverläufe und Nachrichten mittels Screenshot.Für weitere Auskünfte stehen auch die Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen des Polizeipräsidiums Mannheim sowohl in Mannheim, Tel.: 0621/174-1212 als auch in Heidelberg, Tel.: 06221/99-1234 sowie jede andere Polizeidienststelle zur Verfügung. Alle Infos zum "Sextortion"-Phänomen gibt es auch im Internet unter: www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gefahren-im-internet/sextortion/ Im Internet gibt es verschiedene Webseiten, über die jeder in kurzer Zeit überprüfen kann, ob die eigene E-Mail-Adresse von einem "Leak" betroffen ist oder in der Vergangenheit war. Exemplarisch hierfür sei die Webseite www.haveibeenpwned.com genannt. Rückfragen bitte an: Polizeipräsidium Mannheim Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit Norbert Schätzle Telefon: 0621 174-1111 E-Mail: mannheim.pp.sts.oe@polizei.bwl.de