Pressemitteilung der Stadt Freiburg: „Stadt Freiburg verbietet per Allgemeinverfügung unangemeldete pro-palästinensische Versammlung auf dem Platz der Alten Synagoge am Sonntag, 22. Oktober“
Pressemitteilung der Stadt Freiburg: 83. Gedenktag für deportierte Jüdinnen und Juden nach Gurs am 22. Oktober
Für Sonntag, 22. Oktober haben unbekannte Personen über private, nicht öffentlich einsehbare Social-Media-Kanäle zu einer pro-palästinensischen Versammlung ab 12 Uhr auf dem Platz der Alten Synagoge mit nicht näher bezeichnetem anschließendem Aufzug durch die Innenstadt aufgerufen. Von dem Aufruf hat die Stadt Freiburg über bei ihr eingehende Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern erfahren. Eine nach dem Versammlungsgesetz erforderliche Anmeldung ist bei der Stadtverwaltung nicht eingegangen. Laut den Anrufenden werde über die Stadtgrenzen hinaus mobilisiert.
Die Stadt hat in engem Austausch mit der Polizei die unangemeldete Versammlung mit Verfügung vom 20. Oktober untersagt.
Der Platz der Alten Synagoge ist der zweitgrößte innerstädtische Platz Freiburgs und ein Ort des Erinnerns. Der dort befindliche Brunnen erinnert an die Umrisse der im Novemberpogrom 1938 zerstörten Synagoge. Am Sonntag, 22. Oktober findet auf dem Platz von 10bis 18Uhr eine Gedenkveranstaltung für die deportierten Jüdinnen und Juden Freiburgs und Badens nach Gurs statt. Am 22. Oktober 1940 begann die Deportation von rund 6.500 Jüdinnen und Juden aus den NS-Gauen Baden und Saarpfalz in das französische Internierungslager "Camp de Gurs". Die Verhältnisse dort waren miserabel. Viele Menschen starben an Entkräftung und Epidemien. Etwa ein Drittel wurde zwischen 1942 bis 1944 in den Vernichtungslagern im Osten ermordet. Die Teilnehmenden der Gedenkveranstaltung sind eingeladen, eine Rose auf dem Brunnenrand abzulegen und in Stille der Opfer zu gedenken. Es gibt Informationsangebote in schriftlicher und mündlicher Form.
Die Erfahrungen aus vergangenen pro-palästinensischen Versammlungen im Bundesgebiet zeigen, dass die Gefahr besteht, dass dort strafbare, oft antisemitische Parolen skandiert werden, die zum Hass auf Jüdinnen und Juden auch in Deutschland anstacheln. In anderen deutschen Städten wurden bei ähnlichen Versammlungen in den letzten Tagen israelische Flaggen verbrannt und der Angriff der Hamas unterstützt. Auch Meinungsäußerungen selbst können unter bestimmten Umständen strafbar sein: etwa das Zeigen von Propagandamitteln terroristischer Organisationen, wie sie die Hamas ist, oder wenn bestimmte schwere Straftaten öffentlich auf einer Versammlung gutgeheißen werden. Es kam anlässlich der Versammlungen zudem immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen schon zahlreiche Einsatzkräfte verletzt wurden.
Die aktuelle Lageverschärfung in Nahost durch die ungeklärte Explosion in einem Krankenhaus in Gaza, führt auch in deutschen Städten zu einer erheblichen Emotionalisierung des Konflikts und einem Anstieg antisemitischer Vorfälle.
Eine zentrale Rolle bei pro-palästinensischen Versammlungen spielt daher auch laut den Hinweisen des baden-württembergischen Innenministeriums ein vor der Versammlung stattfindendes Kooperationsgespräch zwischen Polizei, Versammlungsbehörde und den Veranstaltenden. In diesem Gespräch sollen etwaige Auflagen sowie sonstige versammlungsrechtliche oder organisatorische Fragen erörtert werden, um ein gefahrloses Durchführen der Versammlung zu ermöglichen.
Bei der verbotenen Versammlung wurde ebendiese Kooperation vereitelt, indem die Versammlung nicht angemeldet und nur in privaten Chatgruppen beworben wurde. Eine Versammlung ohne die erforderliche Anmeldung durchzuführen, ist zudem nach dem Versammlungsgesetz strafbar. Erst recht angesichts der Sensibilität des Platzes der Alten Synagoge und vor dem Hintergrund der dort parallel stattfindenden Gedenkveranstaltung für die deportierten Jüdinnen und Juden nach Gurs besteht bei Durchführung der Versammlung eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Daher war trotz der hohen Bedeutung der Versammlungsfreiheit ein Demonstrationsverbot auszusprechen.
Der Stadt Freiburg ist die hohe Bedeutung der im Grundgesetz verankerten Versammlungsfreiheit bewusst. Ebenso ist es die klare Haltung der Stadt, dass unterschiedliche öffentliche Meinungsäußerungen, sofern diese nicht die Strafbarkeitsschwelle überschreiten, in einem rechtstaatlichen System möglich sein bzw. ermöglicht werden müssen.
Daher bewertet die Stadt in enger Abstimmung mit der Polizei bei jeder Versammlung im Einzelfall, ob und ggf. mit welchen Auflagen diese durchgeführt werden kann. Ziel ist es, mit den Verantwortlichen in Kooperationsgesprächen einvernehmliche Lösungen zu finden, um die Versammlungen zu ermöglichen. So fand erst am gestrigen Donnerstag, 19. Oktober ein Kooperationsgespräch anlässlich einer weiteren, allerdings angemeldeten pro-palästinensischen Versammlung statt, um gemeinsam zu klären, ob bzw. unter welchen Auflagen diese gefahrlos stattfinden kann.
Die Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg ist auf der städtischen Website unter www.freiburg.de/bekanntmachungen abrufbar.
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