Kiel (ots) - Durch die DPolG Lübeck sind medial erhebliche Vorwürfe gegen das Landespolizeiamt und das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein erhoben worden. Inhaltlich und in ihrer Art und Weise sind diese Vorwürfe verfehlt. Sie spielen in unverantwortlicher Weise mit dem Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Daher hat sich der Landespolizeidirektor Ralf Höhs entschieden, öffentlich und direkt auf die Vorwürfe einzugehen.
Ralf Höhs: "Die Sicherheit Hilfe suchender Bürgerinnen und Bürger und der eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten ist gewährleistet! Die Landespolizei hat mit den vier Regionalleitstellen leistungsfähige Dienststellen zur Koordinierung des täglichen Dienstes und auch für die Bewältigung von Großlagen. Technische Störungen, die zwangsläufig in komplexen vernetzten Systemen auftauchen, werden schnellstmöglich behoben. Außerdem arbeitet die Landespolizei fortlaufend und langfristig an der Optimierung der Systeme."
Im Einzelnen wird den Vorwürfen wie folgt entgegen getreten:
DPolG: "Bereits seit dem Jahr 2011, als die Regionalleitstelle der Polizei in Lübeck (RLS) in Betrieb genommen wurde und für Einsatzleitung und Notrufannahme für die Landkreise Ostholstein, Stormarn, Herzogtum Lauenburg sowie die Hansestadt Lübeck zuständig ist, zeichnete sich ab, dass es bei Planung, technischer sowie personeller Ausstattung erhebliche Unzulänglichkeiten gab. Wiederholt haben die Medien in den vergangenen Jahren über Missstände und teils große Probleme bei der RLS berichtet - nicht zuletzt weil die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) den Finger in die Wunde legte und diese aufdeckte. Der mit dem Start der RLS einhergehende Wechsel beim Polizeifunk von analogen auf digitalen Standard führte neben weiteren Missständen zu erheblicher Unzufriedenheit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in den betroffenen Polizeidirektionen Lübeck und Ratzeburg. Immer wieder waren Funklöcher, Gesprächsabbrüche sowie teils miserable Sprachqualität zu beklagen. Zuletzt berichtete die Presse darüber Anfang 2015 ausführlich. Eiligst wurden Krisentreffen unter Leitung Verantwortlicher des Landespolizeiamtes einberufen, um diese Probleme in den Griff zu kriegen. Aber auch über eine anfangs völlig unzureichende Personalausstattung der RLS sowie bauliche Fehlplanungen wie etwa belastendes Raumklima, das zu massiven Gesundheitsproblemen einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führte, wurde zurecht Klage geführt. Manches davon wurde behoben, die Personaldecke der RLS ist jedoch trotz Nachbesserungen weiterhin als viel zu klein zu bezeichnen. Das gilt umso mehr in den einsatzstarken Sommermonaten. Die Folge ist eine weiterhin erhebliche Arbeitsbelastung der RLS-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter, welche häufig bis über die Grenzen der Belastbarkeit hinaus unter großem Stress ihren Dienst versehen. Folgerichtig ist ein hoher Krankenstand zu beklagen, welcher mit steigender Arbeitsbelastung größer wird und somit zu einem noch höheren Stressfaktor für die noch ihren Dienst versehenen Polizeibeamten/innen führt - ein "Teufelskreislauf"."
Stellungnahme Landespolizeiamt: Zu anfänglichen technischen Störungen im Digitalfunknetz und im Betrieb der Regionalleitstellen wird an dieser Stelle keine Stellung genommen. Diese Vorgänge sind aus unserer Sicht umfassend und zielgerichtet erfolgreich bearbeitet worden. An der weiteren Optimierung des Digitalfunknetzes arbeitet das Landespolizeiamt fortwährend und hat im Rahmen dieser Optimierungen unter anderem Ende 2014 in der Lübecker Innenstadt eine weitere Basisstation in Betrieb genommen. Weitere Maßnahmen (zusätzliche Basisstationen) im gesamten Zuständigkeitsbereich der Regionalleitstelle Lübeck befinden sich derzeit in der Planung und werden die Funkversorgung in den Kreisen Hzgt. Lauenburg, Stormarn, Ostholstein und der Stadt Lübeck in den kommenden Jahren weiter optimieren.
DPolG: "Wiederholt fallen Klimaanlagen zur Kühlung der Zentralserver aus. Dies führt nicht selten zu Teilausfällen der Leitstellentechnik, ohne die der Betrieb der RLS unmöglich ist. Wiederkehrende stundenlange Reparaturen zu jeder Tages- und Nachtzeit durch externe Bereitschafsdienste sind notwendig. Wobei es als offenes Geheimnis gilt, dass es sich bedingt durch bauliche Unzulänglichkeiten mehr um "Flickschusterei" als nachhaltige Reparaturen der Klimatechnik handelt."
Stellungnahme Landespolizeiamt: In der Regionalleitstelle Lübeck ist es unter anderem in der vergangenen Woche zu einem Ausfall der Klimatisierung gekommen. Dieser Ausfall konnte am selben Tag behoben werden. Am 08.06.2016 hat es ein bereits eine Besprechung durch die Verantwortlichen von Polizeidirektion Lübeck und GM.SH gegeben, in dem geklärt wurde, wie die Ausfallsicherheit der Klimaanlagen erhöht werden kann. Die einzelnen Maßnahmen hierzu werden zügig umgesetzt. Dieser Termin war bereits vor der Presseveröffentlichung der DPolG geplant.
DPolG: "Sowohl Hard- als auch Software der von der österreichischen Betreiberfirma installierten Leitstellentechnik sind mittlerweile hoffnungslos veraltet, überlastet und ebenso störungsanfällig. Gerade in einsatzstarken Zeiten sinkt die Rechengeschwindigkeit so erheblich, dass die einzelnen Arbeitsschritte zur Notrufannahme und -erfassung sowie Einsatzdisposition an die Streifenwagen nur noch extrem langsam funktionieren und die Arbeitsprozesse dadurch lähmend langsam oder gar unmöglich werden. Ausfälle von Teilen der Software und Funktionalität des Leitsystems sind darüber hinaus an der Tagesordnung. Auch das erschwert und lähmt die Arbeit der RLS-Mitarbeiter sowie stellt eine zusätzliche Belastung dar. Mitarbeiter der Betreiberfirma hingegen sind Stammgäste bei der RLS, um durch Reparaturen und Updates den Leitstellenbetrieb wenigstens einigermaßen und leidlich aufrecht zu erhalten. Aber auch zahlreiche bei der RLS tätige Polizeibeamte sind häufig mit der improvisierten Lösung technischer Probleme beschäftigt und fehlen dadurch bei der eigentlichen Leitstellenarbeit."
Stellungnahme Landespolizeiamt: EDV-Hardware und weitere Systembestandteile der Regionalleitstellen unterliegen einem Alterungsprozess. Aus diesem Grunde ist die Reinvestition in die technischen Komponenten bereits langfristig vorgeplant. Die mit der Reinvestition der Systemtechnik in den Regionalleitstellen beauftragte Projektgruppe des LPA arbeitet mit Hochdruck. Für Anfang des Jahres 2017 sind die Reinvestitionsmaßnahmen in der Leitstelle in Harrislee vorgesehen, in Kiel und Lübeck dann im Jahresverlauf 2017. Für die Regionalleitstellen sind die technischen Erneuerungsbedarfe erkannt, sie führen aber nicht zu einer akuten Gefährdung des Dienstbetriebes.
DPolG: "Ein dringend notwendiger schneller und stabiler Internetzugang für alle RLS-Arbeitsplätze (eigentlich sogar für alle Polizeidienststellen im Land) ist lange von Politik und Landespolizeiamt versprochen. Die Umsetzung wird jedoch ständig nach hinten verschoben und in weiter Ferne."
Stellungnahme Landespolizeiamt: In der Landespolizei stehen für alle Arbeitsplätze Internetzugänge zur Verfügung. Diese sind bisher aus Sicherheitsgründen so aufgebaut, dass eine Verbindung ins Internet nur indirekt erfolgt. Dies senkt die Verbindungsgeschwindigkeit. Der Bedarf an flächendeckenden schnelleren Verbindungsarten ist erkannt und wird, allerdings auch unter Berücksichtigung der besonderen Sicherheitsanforderungen an die Datenverarbeitung im polizeilichen Umfeld, umgesetzt werden.
DPolG: "Statt schneller Internetverbindung ist gerade in jüngerer Vergangenheit vielmehr bei der RLS Lübeck ein stunden- oder gar tagelanger Ausfall aller über das polizeiinterne Intranet bereitgestellten Datenbanken zu verzeichnen, welche für die Leitstellenarbeit zwingend erforderlich und unverzichtbar sind. Ausfälle polizeilicher Erkenntnis- und Fahndungsdateien, der direkten Anbindung zum Kraftfahrtbundesamt (KBA) und Einwohnermeldestellen sowie der Mail-Funktion führen zu erheblichen und gefährlichen Einschränkungen der Arbeit einer Polizeileitstelle. Statt einer zügigen und nachhaltigen Instandsetzung dieser Funktionen wird auch hier die Problemlösung auf die lange Bank geschoben und wochenlang "Flickschusterei" betrieben."
Stellungnahme Landespolizeiamt: Hier möchte ich auf das Eingangsstatement verweisen: In Regionalleitstellen laufen verschiedene komplexe IT-Systeme zusammen. Es kann niemals ausgeschlossen werden, dass einzelne Komponente zeitweise nicht zur Verfügung stehen (z.B. durch Wartungsarbeiten an zentralen Serverstandorten). Konkret waren in der vergangenen Woche Zentralverfahren der Polizei (z.B. Fahrzeug- und Fahndungsregister) von Betriebsstörungen betroffen gewesen. Diese sind behoben worden.
DPolG: "Schlussendlich ist auch der Betrieb des digitalen Polizeifunks weiterhin als problembehaftet und störungsanfällig zu bezeichnen. Die verlässliche Funkanbindung in Gebäuden aber insbesondere die Sprachqualität (Verständlichkeit der Meldungen) lässt in einigen Teilen der Landkreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg, jedoch gelegentlich auch in Ostholstein und Lübeck massiv zu wünschen übrig. Dass eine verlässliche Kommunikation zwischen Einsatzleitstelle und den Streifenwagenbesatzungen von großer Wichtigkeit ist, erschließt sich von selbst. Ob hier jemals Abhilfe geschaffen werden kann, bleibt offen."
Stellungnahme Landespolizeiamt: Der Digitalfunk für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben ist nicht störungsanfällig. Die Netzverfügbarkeit liegt in Schleswig-Holstein durchschnittlich bei 99,995 %. Ausfälle von Basisstationen sind extrem selten und dann regelmäßig auch nur von kurzer Dauer. Das Netz arbeitet sehr zuverlässig.
Hinsichtlich der weiteren Optimierung der Funkversorgung verweise ich auf die oben bereits erwähnten Maßnahmen zur Errichtung weiterer (zusätzlicher) Basisstationen in den kommenden Jahren.
Die verlässliche Funkanbindung in Gebäuden ist durch die verantwortlichen Stellen in der Landespolizei umfangreich bearbeitet worden. Zum einen steht den Polizeibeamtinnen und -beamten die sogenannte "Gateway-Funktion" zur Verfügung, mit der Gebäude auch innen mit auskömmlicher Netzabdeckung versorgt werden können. Zum anderen wird fortlaufend geprüft, welche Gebäude mit zusätzlicher stationärer Objektversorgung bedacht werden müssen, um eine optimale Funkverbindung zu gewährleisten. Dies betrifft konkret zum Beispiel eine Großraumdiscothek im Lübecker Raum. Dazu laufen aber bereits Planungen und Gespräche mit Verantwortlichen des Gebäudes.
Des Weiteren besteht in der Landespolizei ein zuverlässig funktionierendes Meldesystem zu Funktionsbeeinträchtigungen im Digitalfunk. Die gewerkschaftlichen Darstellungen sind hier nicht mit den tatsächlich vorhandenen Störungsmeldungen in Einklang zu bringen.
DPolG: "Während sich die von den beschriebenen Missständen unmittelbar betroffenen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bei der RLS aber auch auf den Dienststellen in den Polizeidirektionen Lübeck und Ratzeburg fragen, wann die Probleme endlich mal behoben werden, ist vom Landespolizeiamt zu vernehmen, dass die für die RLS Lübeck vorgesehene und dringend erforderliche Reinvestition (Neubeschaffung der Hard- und Software) um ein weiteres Jahr verschoben und nun voraussichtlich erst im Jahr 2018 stattfinden würde."
Stellungnahme Landespolizeiamt: Dazu verweise ich auf die vorherigen Stellungnahmen zur Umsetzung von Reinvestitionsmaßnahmen.
DPolG: "Die Probleme, welche gehäuft bei der RLS Lübeck auftreten, sind sicherheitsrelevant! Eine schnelle, effiziente und verlässliche Notrufannahme und Weiterleitung der Einsätze an die Streifenwagenbesatzungen ist unverzichtbare Grundvoraussetzung für eine gute Polizeiarbeit, wie sie der Bürger zu Recht erwarten darf. Notrufe über "110", die nicht selten wegen schwerer Verkehrsunfälle, erheblichen Straftaten (Raubüberfälle, Einbrüche, häusliche Gewalt, Angriffe auf Flüchtlingsheime...) sowie aus zahllosen anderen Gründen auflaufen, müssen ohne Wenn und Aber schnell angenommen, verarbeitet und weitergeleitet werden. Alles andere ist nicht zu akzeptieren! Eine nicht oder nur eingeschränkt funktionierende Einsatzleitstelle führt nicht nur zu Qualitätsverlusten bei der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen auf der Straße sondern ist unter Umständen auch gefährlich oder gar lebensgefährlich - und zwar für den hilfesuchenden Bürger ebenso wie für die eingesetzten Polizeibeamten/innen. Die DPolG fordert daher die Verantwortlichen in Innenministerium und Landespolizeiamt auf, die Probleme endlich wirklich ernst zu nehmen und für schnelle sowie nachhaltige Abhilfe zu sorgen, um nicht eines Tages sehenden Auges in die Katastrophe zu laufen. Allein der hohen Einsatz- und Improvisationsbereitschaft der RLS-Mitarbeiter ist es zu verdanken, dass Schlimmeres bisher verhindert wurde. Das alles gilt umso mehr, als dass bei den anderen drei Regionalleitstellen in Elmshorn, Kiel und Harrislee dem Vernehmen nach vergleichbare Probleme auch an der Tagesordnung sind."
Stellungnahme Landespolizeiamt: Hilfesuchende Bürgerinnen und Bürgern erhalten über den Notruf 110 schnellstmöglich und sicher Hilfe. Die Eigensicherung der eingesetzten Beamtinnen und Beamte ist durch die Leistungsfähigkeit der Regionalleitstellen sichergestellt. Dies gilt für die Koordinierung des täglichen Dienstes genauso wie für die Bewältigung von Großlagen. Bestehende technische Störungen in den Regionalleitstellen werden zügig und zuverlässig behoben und die Landespolizei arbeitet beständig an der weiteren Optimierung von Hardware, Software, Endgeräten und weiteren Komponenten in den Regionalleitstellen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der polizeilichen Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger des Landes und des Schutzes unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gründlich, zielgerichtet und so schnell, wie es die vielfältigen Abhängigkeiten und Zusammenarbeitsbeziehungen bei dem Betrieb komplexer technischer Systeme irgendwie erlauben.
Für Ihre Rückfragen steht Ihnen gerne zur Verfügung.
Torge Stelck, Pressesprecher des Landespolizeiamtes 0431 160 61400 oder per Email: Pressestelle.Kiel.LPA@polizei.landsh.de
Rückfragen bitte an:
Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten Schleswig-Holstein
Landespolizeiamt Schleswig-Holstein
Mühlenweg 166
24118 Kiel
Telefon: +49 (0)431 160 61400
E-Mail: pressestelle.kiel.lpa@polizei.landsh.de