Kripo Coburg ermittelt erneut im Raubmord von Mitwitz


10.05.2019, PP Oberfranken
Kripo Coburg ermittelt erneut im Raubmord von Mitwitz
MITWITZ, LKR. KRONACH. Am 13. November 2006 wurde der damals 61-jährige Norbert Ottinger in seinem Einkaufsmarkt im oberfränkischen Mitwitz, Lkr. Kronach, von einem bislang Unbekannten getötet. Zudem erbeutete der Täter aus dem Tresor mehr als 30.000 Euro Bargeld. Trotz intensiver und lang andauernder Ermittlungen konnten die Beamten das Verbrechen damals nicht aufklären. Nun arbeiten erneut Spezialisten der Kriminalpolizei Coburg zusammen mit der Staatsanwaltschaft intensiv an dem „Cold Case“.
Gemeinsame Presseerklärung des Polizeipräsidiums Oberfranken und der Staatsanwaltschaft Coburg

Seit Dezember 2018 rollen sieben Beamte der Kripo im Rahmen des Cold-Case-Managements das schwere Gewaltverbrechen erneut auf. Dabei setzen die Polizisten auf neue Ermittlungsansätze, die sich vorwiegend aus der Weiterentwicklung forensischer Methoden, insbesondere im DNA-Bereich, ergeben sowie auf Hinweise aus der Bevölkerung.
Umfangreiche Fahndungs- Spurensicherungs- und Ermittlungsarbeit
Supermarkt in Mitwitz, Foto: Polizei
Gleich nach Bekanntwerden des schweren Verbrechens an dem damals 61-Jährigen, der an dem kalten und regnerischen Montagabend des 13. November 2006 in dem Supermarkt durch Messerstiche und Schläge auf den Kopf getötet worden war, leitete die Polizei umfassende Fahndungs- und Ermittlungsmaßnahmen sowie eine umfangreiche Spurensicherung ein. Die Sonderkommission (SOKO) „Kreisel“ nahm mit zahlreichen Beamten die Ermittlungen auf. Allein im Tatobjekt sicherten Spezialisten der Kripo Coburg und die Tatortgruppe Oberfranken mehrere Tage lang rund 730 Spuren, insbesondere daktyloskopische Spuren, DNA-Spuren und Faserspuren.Intensive Suchmaßnahmen mit Unterstützung verschiedener Diensthundeführern erfolgten. Einsatzkräfte der Bayerischen Bereitschaftspolizei suchten weitläufiges Gelände ab und oberfränkische Beamte durchforsteten tonnenweise Abfälle. Zudem überprüften Polizeitaucher mehrere umliegende Gewässer nach Beweismitteln. Weiterhin beschäftigten sich die Kriminalbeamten intensiv mit rund 400 Hinweisen zum möglichen Tatgeschehen. Die Befragungen und Vernehmungen wie auch die Fahndungs- und Suchmaßnahmen führten jedoch bisher zu keiner „heißen Spur“. Beamte der Operativen Fallanalyse, sogenannte Profiler, des Polizeipräsidiums München unterstützen die Kriminalbeamten bei den umfassenden Ermittlungen. Die Untersuchung der gesicherten Spuren erfolgte beim Bayerischen Landeskriminalamt und der Rechtsmedizin. Hierbei konnten Fragmente der Täter-DNA, sein genetischer Fingerabdruck, festgestellt werden. Noch neu im nordbayerischen Raum war die im Frühjahr 2007 erfolgte DNA-Reihenuntersuchung, die die SOKO-Beamten mit Unterstützung weiterer Einsatzkräfte durchgeführt hatten. Zum einmaligen Abgleich mit der am Tatort gesicherten DNA-Spur des Täters entnahmen geschulte Beamten bei über 2.300 Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren Speichelproben.Die Bevölkerung stellte bereits damals einen wichtigen Part bei den Ermittlungen zur Aufklärung des Verbrechens dar. So wurde die Öffentlichkeit über die Medien zeitnah und fortlaufend über den Ermittlungsstand informiert und um Mithilfe gebeten. Auch in den Fernsehsendungen „Aktenzeichen XY-ungelöst“ und „Kripo Live“ wurde das Verbrechen dargestellt und mit einem Zeugenaufruf verbunden. Trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsansätze konnte der Raubmord an Norbert Ottinger bislang nicht aufgeklärt werden. Der Verbleib eines orangefarbenen Softballschlägers und der fünf Kasseneinsätze, die der Täter aus dem Tresor entwendet hatten, ist nach wie vor ungeklärt.
Intensive Ermittlungen der EKO „Kreisel - Cold Case“

Das noch ungelöste Gewaltverbrechen lässt der Kripo Coburg bis heute keine Ruhe. Seit Dezember 2018 arbeiten mehrere Ermittler im Rahmen der Ermittlungskommission (EKO) „Kreisel - Cold Case“ in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft erneut intensiv an der Aufklärung der Tat. In diesem Zusammenhang wurden die Ermittlungsakten der damaligen SOKO „Kreisel“ in den vergangenen Monaten im gesamten Umfang von den Kriminalbeamten zunächst digitalisiert und die rund 400 Ermittlungsansätze einer nochmaligen Bewertung unterzogen. Hierunter befanden sich auch die zahlreichen Hinweise aus der Bevölkerung.
Weiterentwicklung forensischer Untersuchungsmethoden

Die Beamten sichteten und priorisierten außerdem erneut alle der rund 730 am Tatort gesicherten Spuren. Aufgrund der inzwischen fortgeschrittenen forensischen Methoden erfolgt derzeit eine nochmalige Untersuchung der priorisierten Spuren beim Bayerischen Landeskriminalamt und der Rechtsmedizin.Es ist mittlerweile möglich, auch sehr schwach ausgeprägte DNA-Mengen aus einer molekularbiologischen Spur herauszufiltern. Durch die sensibleren Untersuchungsmethoden hoffen die Kriminalisten nun, ein vollständiges DNA-Muster des Täters zu erhalten. Auch sind nun weiterführende Analysen möglich, um beispielsweise eine Verwandtschaft zwischen dem Täter und anderen Personen nachweisen zu können. Hierzu sind spezielle Untersuchungen im Bereich der Y-Chromosome und im Bereich der Mitochondrien-DNA zur Bestimmung der väterlichen oder mütterlichen Abstammungslinie geplant.
Situation am Tatort könnte eskaliert sein

Zur Erstellung der Tathergangsanalyse wurden die Spezialisten der Operativen Fallanalyse (OFA) des Polizeipräsidiums München mit einbezogen. Anhand der Bewertung der Tatortsituation und der Auffindesituation des Opfers bestätigten die Profiler das bereits zur DNA-Reihenuntersuchung erstellte Täterprofil, auch ein zur Tatzeit jüngerer, nicht volljähriger Täter, wäre denkbar.Die Cold-Case Ermittler legen daher einen Ermittlungsschwerpunkt auf die Abklärung der damals Jugendlichen und Heranwachsenden, die heute demnach etwa Ende 20, Anfang 30 Jahre alt sind. Zudem ist denkbar, dass der Täter nicht von Beginn an die Tötung des Nobert Ottinger geplant hat, sondern die Zielrichtung zunächst eine Raubhandlung war. Vielmehr kann das „außer Gefecht setzen“ des 61-Jährigen missglückt sein und in der Folge ist die Situation bis hin zur Tötung eskaliert. Ein solcher Hergang müsste strafrechtlich anders als eine geplante Tötung gewertet werden.
Wichtige Mithilfe der Bevölkerung - Belohnung erhöht
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Im Rahmen ihrer umfangreichen Ermittlungen werden die Coburger Kriminalbeamten auch erneut Befragungen in der Bevölkerung durchführen. Des Weiteren ist auch die Entnahme von DNA bei Personen, insbesondere bei damals Jugendlichen und Heranwachsenden, die heute Ende 20 bis Anfang 30 Jahre alt sind, vorgesehen. Das Ziel der Kriminalbeamten ist es, auch im Hinblick auf das Opfer und die Angehörigen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Täter zu identifizieren und das grausame Verbrechen aufzuklärenDie bisher festgesetzte Belohnung in Höhe von 5.000 Euro für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat oder zur Ergreifung des Täters führen, wurde zwischenzeitlich auf 10.000 Euro erhöht.Zur Aufklärung des Verbrechens setzen Staatsanwaltschaft und Polizei auf die Mithilfe der Bevölkerung.
Für die Ermittler sind im Zusammenhang mit dem Raubmord am Montag, 13. November 2006, im Edeka-Markt Ottinger in Mitwitz, in der Straße „Am Riegel“, insbesondere folgende Fragen von Bedeutung: Haben Sie am Tattag zwischen 19.30 bis 23.50 Uhr, in Mitwitz und der Umgebung Beobachtungen gemacht? Haben Sie in den Abendstunden nach Geschäftsschluss im Bereich des Einkaufsmarktes eine Person bemerkt, die auffällig schwer beladen war oder mehrere Gegenstände bei sich trug? Ist Ihnen auf dem Parkplatz des Einkaufsmarktes oder in der näheren Umgebung in den Abendstunden ein Fahrzeug aufgefallen? Können Sie sich an jemanden erinnern, der im zeitlichen Zusammenhang mit der Tat Verletzungen, insbesondere im Bereich der Hände oder im Gesicht, hatte? Verfügte jemand nach der Tat über einen größeren Geldbetrag? Haben Sie nach der Tat bei jemandem ein verändertes Verhalten bemerkt? (z.B. Persönlichkeitsveränderung, sozialer Rückzug, geänderter Lebensstil, usw.?) Gibt es Personen, die sich im Zusammenhang mit dieser Tat psychisch auffällig verhalten oder gar Suizid begangen haben? Ist Ihnen bekannt, ob sich nach der Tat jemand plötzlich oder unerwartet nicht mehr in Mitwitz und Umgebung aufgehalten hat? Wer könnte Hinweise auf den Verbleib der entwendeten Kasseneinsätze oder auf den orangefarbenen Softballschläger, geben?

Sofern dem Täter nach der Tatbegehung durch eine dritte Person bei der Beseitigung von Beweismitteln oder Tatspuren Hilfe geleistet worden ist, sind derartige Strafvereitelungshandlungen nicht mehr strafrechtlich verfolgbar, da insoweit bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Tatwaffe Softballschläger -Vergleichsbild- , Foto: PolizeiKasseneinsatz Vorderansicht, Foto: PolizeiKasseneinsatz Rückansicht, Foto: Polizei
Sachdienliche Hinweise, auch über die obigen Fragen hinaus, nehmen die Cold-Case-Ermittler der Kripo Coburg über das Hinweistelefon unter der Tel.-Nr. 09561/645-640 entgegen. Ihre Angaben können auch vertraulich behandelt werden.