Ein Brief an unseren im Dienst ermordeten Kollegen Michael „Bulli“ Erkelenz
Heute vor 25 Jahren wurde unser Kollege Michael "Bulli" Erkelenz bei einem Einsatz in Hagen angeschossen und schwer verletzt. Eine Woche später erlag er seinen Verletzungen in einem Krankenhaus.
Mit einem an ihn gerichteten Brief möchten wir an das Schicksal unseres Kollegen erinnern.
Der flüchtende Täter hat nur wenige Minuten nach den Schüssen auf Bulli eine 41-jährige Lehrerin auf ihrer Terrasse erschossen. Auch an ihren Tod möchten wir erinnern.
Der Brief wurde auch auf der Internetseite und den Social-Media-Kanälen der Hagener Polizei veröffentlicht.
"Lieber Bulli,
heute ist es genau 25 Jahre her, dass Du brutal niedergeschossen wurdest. Tagelang hast Du wie ein Löwe in einem Hagener Krankenhaus um Dein Leben gekämpft. Aber vergeblich. Deine Verletzungen waren einfach zu schwer.
Wir verfluchen diesen verdammten Sonntag, an dem Du in den Nachmittagsstunden zusammen mit Deinem Streifenpartner zur Lützowstraße in Hagen geschickt wurdest. Anwohner haben von einem verdächtigen Mann berichtet, der mehrere Kinder angesprochen hat. Als ihr am Einsatzort angekommen seid, wart ihr mit Eurem Streifenwagen sofort die Attraktion für die vielen Kinder auf der Straße. Sie sind hinter Eurem Auto hergelaufen und haben mit Euch gesprochen.
Als ihr den verdächtigen Mann auf dem Gehweg gesehen habt, seid ihr ausgestiegen und auf ihn zugegangen. Bei seiner Kontrolle zog der 24-Jährige plötzlich und vollkommen unerwartet eine Pistole und feuerte zweimal auf Dich, lieber Bulli. Eine Kugel traf Dich mitten in Deine Brust und Du gingst schwer verletzt zu Boden. Dein Partner wurde im Anschluss einmal beschossen, aber glücklicherweise nicht getroffen. Er wollte sofort zurückschießen, aber es war ihm nicht möglich. Es standen einfach noch zu viele Kinder auf der Straße.
Der Täter flüchtete und erschoss nur wenige Minuten später vor den Augen ihres 13-jährigen Sohnes eine 41-jährige Lehrerin auf ihrer Terrasse. Kurze Zeit später richtete er seine Waffe auf offener Straße gegen sich selbst und war auf der Stelle tot. Wir haben sofort eine Fahndung nach dem Täter eingeleitet, aber trotzdem konnten wir den Tod der Lehrerin leider nicht verhindern. Die genauen Beweggründe des Täters für seine schrecklichen und sinnlosen Taten wissen wir bis heute nicht.
Du, lieber Bulli, wurdest schwer verletzt in ein Hagener Krankenhaus eingeliefert. Trotz aller Bemühungen der Ärzte bist Du dort leider am 07.08.1999 verstorben. Es war damals eine schreckliche Nachricht für unsere gesamte Polizei-Familie.
Heute, genau 25 Jahre später, denken wir ganz besonders an Dich, aber auch an die getötete Lehrerin, sowie all Eure Angehörigen und Freunde. Auch denken wir an Deinen damaligen Streifenpartner, den Dein Tod sehr mitgenommen hat.
Damals hatten Polizistinnen und Polizisten noch keine dienstlich gelieferten Schutzwesten. Aber Du, Bulli, warst der erste Polizist in Hagen, der sich eine solche Weste von seinem eigenen Geld gekauft hat. Du hast sie immer getragen. Nur an diesem verdammten Sonntag wegen der Hitze nicht. Ist es eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Du Opfer eines so hinterhältigen Angriffs geworden bist? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen, ist, dass wir mit Dir einen herausragenden Kollegen verloren haben. Einen Kollegen, der Vorbild für andere war und auf den wir uns immer zu 100 Prozent verlassen konnten. In diesem Jahr wärst Du in Deinen Ruhestand gegangen, lieber Bulli. Ein Ruhestand, den Du Dir mehr als verdient hättest.
Wir verfluchen diesen verdammten Sonntag zutiefst. Ein Sonntag, der uns Dich für immer genommen hat und der uns aber auch sehr deutlich zeigt, wie gefährlich unser Beruf doch ist und deutlich zur Vorsicht mahnt. Dort, wo Du jetzt bist, hast Du mit Sicherheit auch von dem Mord an unserem Kollegen vor ein paar Wochen in Mannheim gehört. Auch dies war eine furchtbare Tat, die unzählige Menschen fassungslos gemacht und eine überwältigende Welle der Anteilnahme ausgelöst hat.
Wir sind mittlerweile eine hervorragend ausgebildete Polizei mit einer guten Ausrüstung. Würde das leider Unmögliche passieren und Du würdest jetzt zu uns zurückkehren, dann würdest Du Deine Polizei vermutlich nicht mehr wiedererkennen.
Aber auch wenn wir noch so gut sind und noch so sehr auf uns aufpassen, für jeden einzelnen von uns bleibt die tägliche Gefahr unseres Berufes, die einfach immer da ist und wie ein Damoklesschwert über uns schwebt. Immer da ist aber auch unser großes Unverständnis darüber, dass wir, obwohl wir tagtäglich für die Sicherheit aller einstehen, dafür sorgen, dass sich in unserem Staat jeder sicher fühlen kann und anderen Menschen helfen wollen, dass wir trotz allem immer wieder beleidigt, verletzt oder gar tötet werden.
Heute berichtet übrigens sogar die Zeitung über Dich, lieber Bulli, und über Dein schreckliches Schicksal. Und weißt Du eigentlich schon, dass wir vermutlich im übernächsten Jahr in unser kernsaniertes und teilweise neu gebautes Polizeipräsidium an der Hoheleye zurückkehren? Wir haben beschlossen, Dir in unserem neuen Foyer eine Gedenktafel zu errichten. So möchten wir alle Besucherinnen und Besucher, aber auch Kolleginnen und Kollegen, tagtäglich an Dich und Deinen sinnlosen Tod erinnern.
Für uns bleibst Du immer unvergessen, lieber Bulli. Und wir werden nicht aufhören, an Dich zu erinnern und an Dich zu denken. Denn tot ist nur, wer vergessen wird.
Mach es gut, dort, wo Du jetzt bist und pass gut von da oben auf uns alle auf.
Deine Hagener Kolleginnen und Kollegen" (sch)
Rückfragen bitte an:
Polizei Hagen
Pressestelle
Telefon: 02331 986 15 15
E-Mail: pressestelle.hagen@polizei.nrw.de
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