Aktionsmonat der Polizeidirektion Göttingen: Postkarte macht auf das Phänomen „Catcalling“ aufmerksam

"Lecker Blondy. Geiler Arsch. Was kostet die Stunde?" Als Catcalling bezeichnet man die verbale sexuelle Belästigung zumeist von Frauen. Catcalling reicht vom Hinterherpfeifen bis hin zu schlimmsten verbalen Ausfällen, die zumeist Frauen auf offener Straße über sich ergehen lassen müssen. Dass es sich dabei nicht um Bagatellen handelt und ein derartiges Verhalten das Sicherheitsgefühl der Betroffenen massiv beeinflussen kann, darauf macht die Polizeidirektion Göttingen mit einer besonderen Aktion aufmerksam: Ab sofort sind an vielen öffentlichen Orten im Zuständigkeitsbereich der Göttinger Polizeibehörde Postkarten ausgelegt, die auf das Phänomen aufmerksam machen sowie Hilfs- und Beratungsangebote aufzeigen. Vor allem machen sie aber deutlich: Catcalling ist kein Kompliment, es ist eine Form der sexualisierten Gewalt. Wie häufig insbesondere Frauen von diesem Phänomen betroffen sind, zeigt unter anderem eine Catcalling-Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen aus dem Jahr 2021: Von 1000 Befragten - 85 Prozent davon weiblich - gaben 91,7 Prozent an, innerhalb von drei Monaten im öffentlichen Raum aufgrund ihres Aussehens bewertet worden zu sein, 82,5 Prozent wurden angestarrt und 64 Prozent hörten anzügliche Bemerkungen. Mehr als 58 Prozent wurden aufgrund ihres Geschlechts beleidigt oder mussten sexuelle Annährungsversuche abwehren. 58 Prozent mussten sich obszöne Witze anhören, 47 Prozent wurden verfolgt, 42 Prozent sexistisch beschimpft. Derartige Erfahrungen haben Folgen: So geht aus der Studie ebenfalls hervor, dass mehr als 40 Prozent der Betroffenen bestimmte Orte und Routen meiden und ca. 60 Prozent sich unsicher und ängstlicher fühlen - in ihrer alltäglichen Lebensgestaltung also eingeschränkt sind. "Nachrufen, Pfeifen, obszöne Gesten oder auch das Nachlaufen fühlen sich für die Betroffenen wie ein Spießrutenlauf an - es ist mehr als verständlich, dass das Sicherheitsgefühl nach solchen Erfahrungen beeinträchtigt ist", sagt Tanja Wulff-Bruhn, Präsidentin der Polizeidirektion Göttingen. "Mit echtem Interesse an einer Person, mit Wertschätzung oder Respekt hat ein derartiges Verhalten nichts zu tun. Es ist auch kein bloßer Scherz, wie häufig behauptet, sondern eine schlimme Form von Machtausübung." Nicht umsonst steht Catcalling bereits in einigen europäischen Ländern unter Strafe, und auch hierzulande wird die Diskussion geführt, ob und wenn ja, wie Catcalling im Strafgesetzbuch aufgenommen werden kann oder sollte. Bisher ist es nämlich schwierig nonverbale sexuelle Belästigung zu bestrafen: Bislang können nur Fälle, die über die Schwelle einer Beleidigung oder Nötigung hinausgehen, strafrechtlich verfolgt werden - jede Tat unterliegt einer Einzelfallbetrachtung. "Ich möchte jede Betroffene ermutigen, sich an die Polizei zu wenden oder die Kolleginnen und Kollegen zu bedrohlichen Situationen hinzuzuziehen. Auch wenn am Ende vielleicht - noch - keine Strafe für den Catcaller steht, so erhält er zumindest einen Denkzettel, der hoffentlich dazu führt, dass er sein eigenes Verhalten reflektiert", sagt die Polizeipräsidentin. Die Postkarte, die nun veröffentlicht wurde, soll auf all das aufmerksam machen und ist Teil des Aktionsmonats, den die Polizeidirektion Göttingen im November ausgerufen hat. Bei den Aussagen handelt es sich um authentische Zitate, die Instagram-Userinnen auf den Aufruf von Social-Media-Cop Lena eingesendet haben. "Der Aufruf löste eine wahre Flut von Einsendungen aus - von kurzen Zitaten bis hin zu langen Leidensgeschichten. Sie machen deutlich, wie weit verbreitet nicht nur das Phänomen Catcalling, sondern auch sexualisierte Gewalt gegen Frauen in unterschiedlichen Facetten ist und wie wichtig es ist, den Fokus darauf zu richten", so Polizeipräsidentin Tanja Wulff-Bruhn abschließend. Rückfragen bitte an: Polizeidirektion Göttingen Natalia Bornemann-Zarczynska Telefon: 0551/491-1004 E-Mail: pressestelle@pd-goe.polizei.niedersachsen.de