Gemeinsame Presseinformation der Staatsanwaltschaft Osnabrück und der Zentralen Kriminalinspektion Oldenburg ++ Betrügerische Gewinnversprechen ++

Schaubild zur Vorgehensweise der Hamburger Tätergruppierung

Oldenburg (ots) - 1. Die Ermittlungsverfahren Die Staatsanwaltschaft Osnabrück (Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität) und die Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg führen seit mehreren Jahren umfangreiche Ermittlungen aufgrund betrügerischer Gewinnversprechen gegen eine Vielzahl von Beschuldigten. Diese gehören verschiedenen Tätergruppierungen aus Deutschland und der Türkei an. Im Rahmen der Ermittlungen konnten mehrere Tätergruppierungen identifiziert und deren arbeitsteiliges Vorgehen nachvollzogen werden. Sie verursachten vermutlich einen Schaden von mindestens 13,5 Millionen Euro bei insgesamt 3500 Geschädigten. Die Dunkelziffer dürfte noch wesentlich höher liegen, da die Geschädigten sich häufig für ihre vermeintliche Leichtgläubigkeit schämen und daher nicht offenbaren, Opfer einer Straftat geworden zu sein. Selbst die nahen Angehörigen werden oft nicht informiert. Hinweise zur Höhe der Dunkelziffer bietet die Verbindungsdatenanalyse. Hier wurden zu einer täterseitig genutzten Rufnummer innerhalb von 5 Wochen 31.000 Opfergespräche verzeichnet.

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den türkischen Ermittlungsbehörden konnten mehrere Callcenter in der Türkei, aus denen die betrügerischen Telefonate erfolgten, identifiziert und die Verantwortlichen ermittelt werden. In einer konzentrierten Aktion der türkischen Ermittlungsbehörden wurden 88 Personen, darunter auch der nach derzeitigem Ermittlungsstand Hauptverantwortliche S. Tanlak, vorläufig festgenommen werden. Gegen 11 dieser Bandenmitglieder der Gruppierung Tanlak wurden Haftbefehle erlassen. Zudem wurden diverse Vermögensgegenstände sichergestellt.

Parallel zu den Ermittlungen in Tatbeteiligte in der Türkei wird seit Mitte 2014 durch die fünfköpfige Ermittlungsgruppe ein gesondertes Ermittlungsverfahren gegen eine Tätergruppierung geführt, die vermutlich im Schwerpunkt aus Hamburg und Istanbul heraus agierte. Im Zuge der Ermittlungen wurden 16 Objekte in Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen durchsucht, der Ermittlungsrichter erließ vier Haftbefehle. Bei den Beschuldigten konnten neben zwei Luxusfahrzeugen und verschiedenen Luxusgütern, wie Rolex-Uhren und Goldschmuck, auch ca. 50.000 Euro beschlagnahmt werden. Nach heutigem Stand der Ermittlungen wurden durch diese Tätergruppierung mindestens 640 deutsche Mitbürger betrügerisch geschädigt. Die von Täterseite verursachte Schadenssumme dürfte sich auf über 880.000,- Euro belaufen.

2. Die Begehungsweise Ältere Bürgerinnen und Bürger werden in zunehmendem Ausmaß Opfer von Betrugshandlungen durch schriftliche und telefonische Gewinnversprechung. Gleiches gilt für das deutschsprachige Ausland, wie Österreich und die Schweiz. Dabei ist das Vorgehen der Täter außerordentlich facettenreich und reicht von Einforderungen von Gebühren für nicht existierende Gewinne bis hin zur Forderung eines angeblichen Staatsanwaltes auf Zahlung von Strafgeldern für die angebliche Strafverfolgung wegen Geldwäsche. Weigern sich die Angerufenen wird mit Strafverfolgung gedroht.

Nach derzeitigem Ermittlungsstand brachte die Hamburger Tätergruppierung seit Juni 2012 in vermutlich über 100 Fällen jeweils mehrere hundert bis zu einigen Tausend gefälschte Rechtsanwaltsschreiben in Umlauf, in denen ein vermeintlicher Gewinn offeriert wurde. In den Schreiben wurden die Adressaten zugleich aufgefordert vorab einen vierstelligen Geldbetrag für vermeintliche Gebühren zu bezahlen. Für den Empfang dieser Betrugsgelder hatte die Tätergruppierung zuvor mittels total gefälschter niederländischer Ausweispapieren insgesamt über 70 Konten eröffnet, welche den Opfern als entsprechende Referenzkonten der Rechtsanwaltskanzleien benannt wurden. Zeitnah nach Erlangung der ertrogenen Gelder wurden diese in Hamburg abgehoben.

3. VoIP und Call ID Spoofing Der Begriff Call ID Spoofing bezeichnet die Methode, mit der Anrufe unter einer vorgetäuschten Nummer geführt werden können. Dabei wird bei der Rufnummernanzeige des angerufenen Telefons anstatt der Originalrufnummer des Anrufers eine in der Regel frei wählbare Rufnummer angezeigt. Hierdurch wird es möglich, die wahre Identität des Anrufers beim Angerufenen zu verschleiern, um gegebenenfalls eine falsche Identität vorzutäuschen. Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich in unregulierten Kommunikationsnetzen (z.B. Internet), ist aber in regulierten öffentlichen Netzen, ob VoIP- oder klassische Telekommunikations-Netze, die den jeweiligen Telekommunikationsgesetzen unterliegen (z.B. dem deutschen TKG) verboten. Weiterhin nutzen die Täter neben dem Call ID Spoofing die Möglichkeit sich über das Internet, wie bei verschiedenen Anbietern, z.B. Sipgate und Skype, Rufnummern zu beschaffen, die vermeintlich zu Anschlüssen aus deutschen Großstädten gehören. Zur Förderung der Glaubwürdigkeit wird passend zu einem in Hamburg ansässigen vermeintlichen Notar, Rechtsanwalt oder auch Polizeibeamten eine Rufnummer mit Hamburger Vorwahl als Kontaktrufnummer mitgeteilt. Hierbei machen sich die Täter die nach polizeilicher Sicht unzureichenden Verifikationsverfahren der Telekommunikationsanbieter zu nutze.

4. Präventionsmaßnahmen Neben den Maßnahmen der Strafverfolgung wurde sehr schnell deutlich, dass auch die Opfer- und Täterprävention ein wichtiger Ansatz zur Vermeidung weiterer Straftaten sowie der Minimierung von Schadenssummen darstellt. Zu diesem Zweck wurden Meldungen in diverse Medien lanciert, die durch Sondersendungen zu diesem Thema Verbreitung fanden. Weiterhin wurden die beteiligten Institutionen, Banken und Finanzdienstleister mehrfach hinsichtlich des o.g. Modus Operandi sensibilisiert. In Einzelfällen wurden die Angehörigen der Geschädigten in einem persönlichen Gespräch durch die örtliche Polizei zur Vermeidung von weiteren Schäden informiert.

Die zu diesem Phänomen im Oktober 2013 eingerichtete Arbeitsgruppe des BKA erstellt zurzeit unter Einbeziehung der sachbearbeitenden Dienststellen ein nachhaltiges Präventionskonzept zum Schutz älterer Mitbürger in Deutschland. Prävention gegen betrügerische Gewinnversprechen: http://www.polizei-beratung.de/medienangebot/medienangebot-details/detail/184.html http://www.bka.de/nn_231504/sid_F0432842A0BDDCFF9F225093DF513776/nsc_true/DE/ThemenABisZ/Deliktsbereiche/CallCenterBetrug/callCenterBetrug__node.html?__nnn=true

Weitergehende Informationen zu den Festnahmen in der Türkei (auf türkisch): http://www.haberturk.com/gundem/haber/1022319-almanlari-8-milyon-euro-dolandiran-ceteye-baskin http://www.yenisafak.com.tr/gundem/turistlere-tele-tuzak-2052158

Das Schaubild zur Vorgehensweise der Hamburger Tätergruppierung ist beigefügt.

Rückfragen bitte an:

Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg
Wolfgang Belz
Telefon: 0441/790-3639 o. Mobil 0152/567 900 39
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Staatsanwaltschaft Osnabrück
René van Münster
Tel: 0541/315-3672 o. Mobil: 0175/9388814
E-Mail: STOS-B-Pressestelle@justiz.niedersachsen.de