Friedberg (ots) - Wetteraukreis: Wie es ist, wenn man mit beiden Füßen in ein Fettnäpfchen hüpft, konnte ein Betrüger am heutigen Mittag feststellen. Doch wir wollen das Ende nicht vorwegnehmen und beginnen mal ganz von vorne:
Im Kopf des Mannes - einem Betrüger - der heute Mittag in Florstadt bei einer Seniorin anrief, dürfte folgender Ablauf vorgesehen gewesen sein:
1. Im Telefonbuch nach Vornamen schauen, die auf ein höheres Lebensalter der Anschlussinhaberin schließen lassen.
2. Die Telefonnummer anschauen - wenn sie kurz ist, dann spricht viel für einen "alten Anschluss" und damit auch dafür, dass derjenige, der am anderen Ende der Leitung ans Telefon geht, schon älter ist.
3. Die gefundene Nummer anrufen und nach dem Motto "Rate mal wer dran ist", hoffen, dass die Seniorin sich verquatscht und nachfragt, ob es sich bei mir um ihren Enkel handelt. Wenn es gut läuft nennt die alte Frau dabei einen Namen.
4. Sich als der Enkel ausgeben. Bei Nachfragen, warum man sich so lange nicht gemeldet hat oder ganz anders klingt, passende Ausreden finden. Zeitnot, eine Erkältung oder etwas in der Art.
5. Erstmal nach dem Wohlergehen der "Oma" fragen, freundlich und zuvorkommend wirken. Dabei nicht nur das Vertrauen der Frau gewinnen, sondern auch noch einige Infos abgreifen, die man später noch gebrauchen könnte, um die Frau davon zu überzeugen, dass man doch wirklich der Enkel ist.
6. Abchecken ob Oma allein zu Hause ist oder noch irgendwer mit im Haus wohnt der merken könnte, dass man gar nicht der Enkel ist.
7. Dann vielleicht erstmal das Gespräch beenden und sich später nochmal melden. Wenn es gut läuft, aber auch gleich zur Sache kommen.
8. Der Frau, der man weisgemacht hat man sei der Enkel, von Geldnöten berichten. Auf die Mitleidsnummer gehen, an den Familiensinn appellieren, sie vorsichtig nach Erspartem ausfragen und herausfinden, ob sie das Geld daheim hat oder wieviel sie recht schnell locker machen kann. Immer nochmal genau nachbohren, wer weiß ob die nicht die Kohle im Sparstrumpf unter der Matratze verheimlicht.
9. Der im "Oma" verklickern, dass sie ja keinem etwas von dem Enkel und dem Anruf erzählt und dass es außerdem schnell gehen muss, weil die Geldsorgen arg drücken, man vielleicht sonst Stress mit der Polizei bekommt.
10. Wenn Oma endlich bereit ist einen anständigen fünf- bis sechsstelligen Betrag zu zahlen ihr klarmachen, dass man selbst leider verhindert ist und nicht vorbeikommen kann. Stattdessen kommt ein guter Freund, dem sie natürlich total vertrauen kann, der aber nicht viel Zeit hat, weil er einem ja schnell helfen muss. Er wird das Geld holen und es zu einem bringen.
11. Zwischendrin vielleicht noch jemand anderen einen Kontrollanruf machen lassen, nicht das "Oma" doch die Bullen verständigt hat.
12. Dann dem schon organisierten Geldabholer Bescheid geben, dass er ja aufpasst nicht gesehen zu werden. Sich nochmal bei "Oma" der Adresse versichern und dann schnell die Kohle einsacken.
13. Wenn alles gut gelaufen ist: Vielleicht nochmal Nachschlag fordern und nochmal versuchen Geld zu holen. Ansonsten: Je nach Lust und Laune bei "Oma" anrufen und sich herrlich über sie lustig machen und ablästern, wie doof sie doch war auf mich reingefallen zu sein und ihr erzählen was ich jetzt tolles von ihrem hart ersparten Geld anstelle. Urlaub zum Beispiel, oder eine coole neue Nobelkarre.
14. Und los geht es wieder bei Nr. 1 irgendwo in Deutschland bei einer anderen Oma, die sich so sehr auf den Anruf eines Verwandten freut. Vielleicht sitze ich dann direkt beim Notar und brauche die Kohle - dieses lange "Vorspiel" und das "Freundlichgetue" ist so anstrengend...
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Ja, so könnte sich der Täter das gedacht haben, als er die Nummer der Seniorin aus Florstadt wählte. Und tatsächlich muss es spannend gewesen sein, sein Gesicht zu sehen, als er bei Nr. 3 seiner Liste angelangte und mit Anlauf ins Fettnäpfchen sprang:
"Guten Tag Oma" war sein erster Satz - und auch der letzte.
"Ich bin keine Oma" trocken und knapp die Antwort der Seniorin.
So kann es gehen im Leben - auch Betrüger haben es zum Glück nicht immer leicht! Damit das so bleibt die Bitte der Polizei: Reden, reden, reden. Es hilft nur Aufklärung, um den Betrügern das Handwerk zu legen. Seniorinnen und Senioren müssen gut informiert sein, damit nicht nur die "Dummen" unter ihnen scheitern. Jeder der ältere Mitmenschen in seinem Umfeld hat, sollte das Thema immer wieder ansprechen, sich selbst als Ansprechpartner anbieten - falls es verdächtige Anrufe gibt, und vielleicht mit den Älteren darüber reden, ob sie nicht mit einer neuen Telefonnummer einverstanden wären - die dann nicht mehr im Telefonbuch erscheint.
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Leider ist der Fall aus Florstadt kein Einzelfall, diverse Anrufe gehen gerade aktuell in der Wetterau bei Seniorinnen und Senioren ein. Also: Ab ans Telefon oder am besten direkt zu Oma und Opa und sie vor den miesen Betrügern warnen!
Sylvia Frech, Pressesprecherin
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