Erst riefen mutmaßliche Callcenter-Betrüger einen Nürnberger Senior monatelang immer wieder an und versuchten ihm ein Gewinnspielabo aufzuschwatzen. Als er darauf nicht einging, schnitten die Tatverdächtigen aus heimlich angefertigten Aufnahmen der Telefonate einen ganz anderen Gesprächsverlauf zusammen. Die Kriminalpolizei ermittelt.
Beginnend im Sommer 2019 erhielt ein 79-Jähriger aus Nürnberg unerwünschte Telefonanrufe. Die angezeigten Nummern waren ihm unbekannt - genauso wie die Anruferin selbst. Diese stellten sich als Angestellte eines Gewinnspielunternehmens vor und forderten ihn auf, ein Abo für eine Lotterie abzuschließen. Bis zum Frühjahr 2020 klingelte bei dem alten Mann immer wieder das Telefon - jedes Mal mit dem gleichen Ergebnis: er wolle kein Lotterieabo abschließen.
Statt den Willen des Angerufenen zu akzeptieren, sandte die angebliche Firma ihm schließlich einen Brief zu. Die Adresse des Mannes hatten die Anrufer im Verlauf der Gespräche in Erfahrung gebracht. In dem Schreiben teilten sie dem Mann mit, dass er sich zur Teilnahme an einer "Tipprente" registriert hätte. Nun würde ein monatlicher Mitgliedsbeitrag in Höhe von 69 Euro von seinem Konto abgezogen. Zudem würde er an einer Gratis-Verlosung von 500 Euro teilnehmen, ein Rätselmagazin erhalten, kostenlose Rechtsberatung und eine BonusCashCard.
Der Geschädigte nahm sich nun einen Rechtsbeistand und legte mit mehreren Schreiben Widerspruch ein. Er staunte nicht schlecht, als die Täter einige Zeit darauf einen angeblichen Mitschnitt der Bestellung und Gewinnspielregistrierung übersandten. Tatsächlich hatte das Gespräch in dieser Form aber nie stattgefunden. Vielmehr hatten die mutmaßlichen Betrüger Inhalte der Telefonate so mit eigenen Aufnahmen zusammengeschnitten, dass ein vermeintlicher Aboabschluss simuliert wurde. Unter anderem verwendeten sie dazu seine Antwort mit "Ja" auf ganz andere Fragen.
Der 79-Jährige hatte zwischenzeitlich Strafanzeige erstattet. Eine Analyse der Polizei zeigte nun: die Tatverdächtigen hatten den Audiomittschnitt aus unterschiedlichen Telefonaten zusammengestellt.
Da der Senior niemals mit der Aufzeichnung der Telefonate einverstanden war, wurde durch das zuständige Betrugskommissariat in Nürnberg zusätzlich noch ein Strafverfahren wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes eingeleitet.
Die Ermittlungen ergaben Hinweise, dass die Täter aus Callcentern im Ausland agieren. Zur Registrierung verschiedener Webseiten und Rufnummern wurden offenkundig Falschpersonalien verwendet.
Verfahren gegen die Betrügerbande werden offenkundig nicht nur bei der Nürnberger Kriminalpolizei geführt. Aufgrund der Gegenwehr seiner Anwältin scheint der Rentner aus Mittelfranken allerdings Glück gehabt zu haben: die Betrüger versuchten nicht, tatsächlich Geld von seinem Konto abzubuchen.
Das Polizeipräsidium Mittelfranken rät:
- Gehen Sie nicht auf Telefonate ein, die Sie ungewollt erhalten.
- Lassen Sie sich nicht zu telefonischen Geschäftsabschlüssen drängen, die Sie weder wollen noch brauchen.
- Melden Sie sich am Telefon nicht mit dem Wort "Ja" und antworten Sie auf Fragen unbekannter Anrufer wie "Hören Sie mich?" nicht mit "Ja", sondern besser mit "ich höre sie".
- Sprechen Sie mit Angehörigen über Gefahren durch betrügerische Telefonanrufe.
- Nutzen Sie die Möglichkeiten Ihrer Telefonanlage oder Ihres Telefonanbieters zum Sperren unliebsamer Anrufe (z.B. Verhinderung von Telefonaten aus dem Ausland).
- Erstatten Sie Strafanzeige, wenn Sie durch betrügerische Anrufe geschädigt wurden.
Stefan Bauer
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