Torsten Renz: „Erfolgreicher Kinderschutz geht nur miteinander!“
Der Vorsitzende des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung und Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern eröffnet den 11. Landespräventionstag "Kein Kind alleine lassen - Kinderschutz geht uns alle an!?"
Innenminister Torsten Renz: "Eine Veranstaltung in Präsenz! Dies hat in unserer coronageprägten Zeit eine besondere Bedeutung! Wir haben in die Vorbereitung für diesen Tag viel Energie gesteckt, damit der fachliche Austausch zumindest für einen Teil der Gäste vor Ort stattfinden kann, denn es geht um ein Thema, welches uns allen am Herzen liegt: die Kinder unseres Landes!"
Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen von Kita, Schule, Tagesmutterbetreuung, Jugendämtern, Justiz, Landespolizei, Rechtsmedizin, Kommunen, Politik, Kinderschutz-Beratungsstellen, Weißer Ring sowie Präventionsräten aus MV und der ganzen Bundesrepublik bis nach Österreich nehmen heute vor Ort und per Liveschalte am Fachtag in Greifswald teil.
"In der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern stehen Maßnahmen zum Kinderschutz und zur Stärkung der Rechte von Kindern und Schutzbefohlenen deutlich im Fokus der täglichen Arbeit", so Minister Renz. "Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landespolizei in verschiedensten Bereichen wahr. Sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen dienen der Vorbeugung und konsequenten Bekämpfung von Vorkommnissen und Straftaten zum Nachteil von Kindern und Schutzbefohlenen".
Minister Renz griff die Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Kinderpornografie heraus: "Sowohl die Fallzahlen der Kinderpornografie im Land M-V, als auch der Eingang von Verdachtsfällen über die Meldestellen Netzverweis zeigen über Jahre einen kontinuierlichen Anstieg. Umso wichtiger ist es, in diesem Bereich beste Bearbeitungsvoraussetzungen zu schaffen. Durch das Projekt "Optimierung der Bekämpfung der Kinderpornografie durch Verbesserung der IT-Infrastrukturen" werden technische, personelle und organisatorische Maßnahmen geschaffen bzw. angepasst. Wir werden die Sachbearbeitung in der Landespolizei mit modernster IT-Technik ausstatten, um die Bearbeitung und Auswertung von Kinderpornografie effektiv zu beschleunigen. Dafür stehen dem Innenministerium 4 Mio. Euro zur Verfügung".
Im Rahmen des 11. Landespräventionstags werden heute Fachreferenten und Akteure aus den Bereichen Jugendamt, Rechtsmedizin, Polizei und Familiengericht "umrahmt" von einem fingierten Fall eines sexuell missbrauchten Jungen ihre Erkenntnisse und Erfahrungen zum Erkennen und Umgang mit Kindeswohlgefährdung darlegen. Vier Workshops werden sich am Nachmittag intensiv mit der Psychosozialen Prozessbegleitung, der kindlichen Vernehmung durch die Polizei, der Erkennung von Kindeswohlgefährdung und Misshandlungen wie dem "Childhood-Haus-Konzept" auseinandersetzen.
Minister Renz: "Wir brauchen ein noch besseres Verständnis von der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen der anderen Professionen. Damit wir wissen, was diese brauchen, wonach wir fragen oder worauf wir achten müssen, damit keine Informationen verloren gehen. Nur mit einer guten Kooperation der Disziplinen können wir ein vollständiges Bild der Situation bekommen und den Hauptpersonen, den betroffenen Kindern, nachhaltig helfen. Meine klare Botschaft: Erfolgreicher Kinderschutz geht nur miteinander!"
Eine besondere Freude ist es, den Landespräventionspreis 2021 "Kinderschutz" zu verleihen. "Jede der eingereichten 20 Bewerbungen", so der Minister, "ist ein Mosaikstein im Kinderschutz unseres Landes!"
Eine Jury aus Mitgliedern des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung, des Landeskriminalamts MV und der Deutschen Kindeschutzbundes Landesverband M-V hat drei Preisträger festgelegt, die jeweils den Pokal des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung, 1.000 EUR Preisgeld und eine Urkunde erhalten. Die Preisträger sind:
- "Verbund Netzwerk Frühe Hilfen und Kinderschutz"
Mecklenburgische Seenplatte (VNFHK) - "Kinderschutzambulanz" am
Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Greifswald -
Deutscher Kinderschutzbund Kreisverband Vorpommern-Greifswald. Zwei Preisträger erhalten eine Anerkennungsurkunde und ein Preisgeld in Höhe von 250 EUR:
- Hagenower SV e.V. - Schulsozialarbeit Grundschule Marlower Loris
(Marlower Schulverein e.V.) Anlage: Nähere Informationen zu den einzelnen Preisträgern:
Im Rahmen der Auslobung des Landespräventionspreises wurden Projekte gesucht, die
- Kindern, Jugendlichen und ihren Familien einen niedrigschwelligen Zugang zu unterstützenden Angeboten ermöglichen,
- sich durch einen nachhaltigen Ansatz auszeichnen,
- die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund stellen,
- Resilienz von Kindern und Jugendlichen stärken,
- Perspektiven zur Verbesserung des Kinderschutzes eröffnen,
- die Entwicklungsperspektiven von Kindern und Jugendlichen stärken,
- sich an den Kinderrechten orientieren.
1. Preisträger: "Verbund Netzwerk Frühe Hilfen und Kinderschutz" Mecklenburgische Seenplatte (VNFHK)
Ziele des VNFHK MSE:
- ein öffentliches Selbstverständnis für den Kinderschutz zu
schaffen - einen niederschwelligen Zugang zu unterstützenden
Angeboten für Kinder, Jugendliche und Familien zu ermöglichen sowie -
die Resilienz und Entwicklungsperspektiven von Kindern und
Jugendlichen zu stärken. Grundsätzliche Ziele der Frühen Hilfen und des präventiven Kinderschutzes im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte sind:
- die Vorbeugung und die Vermeidung von Vernachlässigung und
Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen sowie - die Stärkung der
Beziehungs- und Erziehungskompetenzen der Eltern, um so die
Entwicklungsbedingungen der Kinder zu verbessern. Die regionalen Netzwerke sichern die interdisziplinäre Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Professionen mit dem Ziel, die Versorgung von Familien mit psychosozialen Unterstützungsleistungen zu gewährleisten.
Fazit der Jury: Die zugrundeliegende fachübergreifende Kooperationsstruktur ist in besonderem Maße geeignet, Risiken für das Kindeswohl frühzeitig zu erkennen und passende Unterstützungsangebote - insbesondere für belastete Familien - zu unterbreiten. Fundament der Arbeit ist eine von allen Beteiligten gelebte "Kinderschutz-Netzwerkphilosophie". Dieses Netzwerk leistet eine beispielhafte Vernetzungs- und Informationsarbeit im Bereich der Frühen Hilfen und des präventiven Kinderschutzes. Durch die bewährte Aufbauorganisation ist eine nachhaltige präventive Kinderschutzarbeit "bis in den letzten Winkel" der regionalen Planungsräume im größten Landkreis Deutschlands gewährleistet.
2. Preisträger: "Kinderschutzambulanz" am Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Greifswald
Seit dem 01. Januar 2020 hat das Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald in Kooperation mit den Landkreisen Vorpommern-Greifswald, Vorpommern-Rügen und Mecklenburger Seenplatte eine Kinderschutzambulanz.
Diese Ambulanz arbeitet niederschwellig für die Jugendämter und die Träger der freien Jugendhilfe und ermöglicht den Mitarbeitern der Jugendämter und den Kindermedizinern, direkt vor Ort eine qualifizierte rechtsmedizinische Untersuchung mit justitiabler Befunddokumentation und eine Bewertung von Verletzungen bei Kindern zu veranlassen, bei denen zügig zu klären ist, ob es sich um gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles des Kindes/der Kinder handelt.
In einer 24 h Rufbereitschaft, die an 7 Tagen in der Woche sichergestellt wird, fahren die Rechtsmediziner an den Ort, an dem sich das Kind befindet. Es wird untersucht, die Befunde werden dokumentiert und es werden die Ergebnisse und Schlussfolgerungen direkt mit dem Jugendamt besprochen. So erhalten die Mitarbeiter der Jugendämter umgehend fundierte Aussagen zu Auffälligkeiten/Verletzungen bei Kindern und deren Ursachen als Grundlage für die weiteren so wichtigen Entscheidungen im Kinderschutz. Ferner werden stets schriftliche Befunde gefertigt.
Die Rechtsmedizin steht für strukturierte kompetenzsichernde Fortbildungsveranstaltungen aller Jugendamtsmitarbeiter und der Träger der freien Jugendhilfe zur Verfügung.
Warum wurde eine Kinderschutzambulanz ins Leben gerufen?
- Zur Verbesserung des Kinderschutzes besteht Bedarf für
rechtsmedizinische Beratung und Diagnostik. - Klinisch tätigen Ärzte
haben in der Regel keine ausreichenden Kenntnisse und Erfahrungen zur
forensischen Bewertung von Verletzungsbildern. - Mitarbeiter der
Jugendämter und die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind
bei fehlender medizinischer und forensischer Ausbildung extrem auf
eine rechtsmedizinische Beurteilung angewiesen. Fazit der Jury: Dieses Projekt ist in dieser Organisationsform einmalig in Deutschland, es trägt gravierend zur Stärkung der Kinderrechte bei und sichert nachhaltig die Verbesserung des Kinderschutzes in diesen Regionen. Rechtsmedizin steht für strukturierte kompetenzsichernde Fortbildungsveranstaltungen aller Jugendamtsmitarbeiter und Träger der freien Jugendhilfe zur Verfügung.
3. Preisträger: Deutscher Kinderschutzbund Kreisverband Vorpommern-Greifswald
Der DKSB KV Vorpommern-Greifswald versteht sich seit 30 Jahren als Lobby für alle Kinder vor Ort. Der Verein setzt sich ein für bessere Lebensbedingungen der Kinder und ihrer Familien, den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor physischer und psychischer Gewalt und für die Interessen der Kinder und die Vertretung dieser in der Öffentlichkeit. Der Kinderschutzbund KV Vorpommern-Greifswald e.V. ist gemäß § 75 SGB VIII anerkannter freier Träger der Jugendhilfe und seit vielen Jahren auf der Grundlage des SGB VIII sowie der Jugendhilfeplanung des Landkreises Vorpommern-
Greifswald tätig.
Die Arbeit des DKSB KV Vorpommern-Greifswald basiert auf fünf Bereichen:
- Beratung
- Sozialarbeit an der Schule
- Jugendsozialarbeit
- Freizeitangebote und offene Projektarbeit sowie
- familienunterstützende Projekte.
Nach dem Grundsatz "Hilfe statt Strafe" will der Verein für Kinder, Jugendliche und Familien Ansprechpartner sein, d.h., gemeinsam mit den Betroffenen geeignete Aktionsformen für die Lösung ihrer Probleme finden. Er wirkt vordergründig präventiv durch Aufklärung, Analyse und Beratung und motiviert zur Mitarbeit bei der Erkennung von Gefährdungen und Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen. Ausgangspunkte für die Aktivitäten sind zum einen das Kinderhaus "BLAUER ELEFANT" sowie das Kinder- und Jugendhaus "LABYRINTH".
Ferner bietet der DKSB KV VG mit dem Projekt ,,Kinder-, Jugend und Elterntelefon" ein einfach zu erreichendes, niedrigschwelliges sowie kostenfreies Beratungsangebot, welches präventiv und intervenierend wirkt. Die telefonische Beratung erfolgt mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche sowie Eltern zu den geschilderten Situationen zu beraten, Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen sowie das seelische und soziale Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen zu stärken. Das Greifswalder Kinder- und Jugendtelefon ist neben Schwerin das Einzige in MV. Es ist eingebunden in ein bundesweites Netz von Kinder- und Jugendtelefonen und Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendtelefone sowie der entsprechenden Landesarbeitsgemeinschaft.
Fazit der Jury: Der Verein setzt sich über Jahrzehnte im Landkreis Vorpommern-Greifswald und insbesondere in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald für bessere Lebensbedingungen der Kinder und ihrer Familien und für den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor psychischer und physischer Gewalt ein. Der Träger leistet mit diesem Angebot seit vielen Jahren einen herausragenden Beitrag zum Kinderschutz.
Anerkennungsurkunden
1. Anerkennungsurkunde
Hagenower SV e.V.
Der Hagenower Sportverein hat nicht nur ein Kinderschutzkonzept entwickelt, er setzt vielmehr mit der Implementierung zielgruppenspezifische, nachhaltige Maßnahmen zur Umsetzung ein, welche vollumfänglich im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit entwickelt und initiiert werden. Kinderschutz und Kinderrechte werden im Verein transparent gemacht und durch Aufklärung, Schulungen sowie proaktive Maßnahmen vermittelt und gelebt. Dabei werden die Vereinsmitglieder, ehren- und hauptamtlich Tätige, Eltern und Angehörige der im Verein aktiven Kinder und in besonderem Maße die Kinder selbst angesprochen und befähigt.
Zielgruppenspezifische Umsetzung:
Vereinsangehörige
- Anerkennung der Grundsätze im Umgang mit Kindern und
Jugendlichen - Einreichung eines erweiterten Führungszeugnisses -
Teilnahme an Fortbildungen zum Thema Kinderschutz Eltern und Angehörige der Kinder
- Informationsveranstaltungen - Informationsflyer zu Aktivitäten
im Bereich Kinderschutz und Ansprechpartnern des Vereins -
Bereitstellung von Informationsmaterial zum Kinderschutz -
Unterstützung bei Fragen oder Hilfebedarf durch KinderschutzTeam Kinder
- KinderschutzMaskottchen Rudi zur Identifikation - Kindertheater
mit dem Ziel der Partizipation - Kinderbücher zum Kinderschutz und
Kinderrechten im Verein - Malwettbewerb zum Thema Kinderschutz zur
Förderung der Partizipation - Veröffentlichung und spielerisches
Vermitteln der Kinderrechte des Vereins Meilensteinplanung 2021 (Zeitraum Juni bis Dezember 2021): Start mit der Einführung des Kinderschutzkonzeptes mit einer Kick-Off-Veranstaltung im Juni 2021.
Fazit: Der Hagenower Sportverein ist ein herausragendes Beispiel eines Breitensportvereins, da er sich im Bereich seiner Kinder- und Jugendarbeit durch sein besonderes Engagement im Rahmen des Kinderschutzes auszeichnet.
2. Anerkennungsurkunde
Schulsozialarbeit Grundschule Marlower Loris (Marlower Schulverein e.V.)
Die Schulsozialarbeit an der Grundschule Marlower Loris hat die Konzeptidee für das Projekt "BLUE-Anti-Gewalt-Wochen" (BLUE) entwickelt und mit Kooperationspartnern durchgeführt: Das Projekt "Blue-Anti-Gewalt-Wochen" verbindet mehrere Angebote und Aktionen zu Anti-Gewalt-Wochen an der Grundschule Marlower Loris und darüber hinaus, setzt hierbei einen Schwerpunkt auf Häusliche Gewalt, thematisiert aber auch andere Gewaltphänomene wie Gewalt in der Schule, Gewalt im Netz. Sich dem Themenkomplex Häusliche Gewalt an einer Grundschule explizit zu stellen und dazu über Wochen mit den Zielgruppen zu arbeiten, bedeutet in gewisser Weise Mut und bricht ein Stück weit ein Tabu auf. Dieser Fokus beinhaltet zudem die Bereitschaft, ein Problembewusstsein zu etablieren, Kommunikation zu ermöglichen und Hinweisen nachzugehen.
Durch BLUE erfahren Schülerinnen und Schüler, dass Gewalt in der Häuslichkeit kein Einzelfall ist. Sie lernen Unterscheidungs-kriterien zu Ehe-und Familienstreitigkeiten kennen und erwerben elementare Kompetenzen, wie und wo z.B. Betroffene Hilfe erhalten. Das Erleben von Häuslicher Gewalt wird als eine Form der Kindeswohlgefährdung verstanden. Kinder zu sensibilisieren und darüber aufzuklären ist eine präventive Kinderschutzmaßnahme, die in Zeiten von Lockdowns leider besonders an Aktualität gewonnen hat.
Fazit der Jury: Alle Einzelaktionen sind für sich betrachtet kleine Meilensteine für das Projekt und eine Bereicherung in den pandemie-überschatteten Monaten des ersten Schulhalbjahres 2020/21. Die vergleichsweise schwere, tief- und nahegehende Thematik Häusliche Gewalt in der Grundschule zu behandeln ist als mutig und gleichzeitig hochaktuell zu betrachten. Die Sensibilisierung der Schüler*innen und Lehrkräfte legte den Fokus auf Unterstützungsbedarfe und -möglichkeiten für von Gewalt betroffene Kinder und Elternfiguren und allgemein auf die Isoliertheit von dysfunktionalen Familien.
Rückfragen bitte an:
Ministerium für Inneres und Europa
Telefon: 0385/5882003
E-Mail: presse@im.mv-regierung.de
https://www.regierung-mv.de