„Erinnern bedeutet verinnern“ – zur Rolle der Polizei in der NS-Zeit und heute; Kooperation zwischen der Polizei und der Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V.
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Die Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V und die Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg unterzeichneten am Donnerstag, den 21.04.2022, eine Kooperationsvereinbarung, mit der die regionale Auseinandersetzung mit den schrecklichen Ereignissen des NS-Regimes gefördert und dadurch zugleich die Demokratie gestärkt werden soll.
Der im Jahre 1999 gegründete Verein dokumentiert auf eindrucksvolle und denkwürdige Art und Weise die Machenschaften des NS-Regimes rund um die ehemalige Pulverfabrik in Liebenau und leistet mit seinen historischen Recherchen bedeutende Bildungsarbeit, gerade auch zur Rolle der Polizei. Auf dem Gelände der Pulverfabrik, auf dem während des Nationalsozialismus über 84km Betonstraßen, 42km Eisenbahnschienen sowie ca. 400 Gebäude errichtet wurden, befand sich unter anderem ein "Arbeitserziehungslager", geleitet durch die Gestapoleitstelle Hannover, in dem tausende Häftlinge unmenschlich und grausam behandelt wurden. Viele Menschen kamen in dem Lager, aber auch in der Pulverfabrik, zu Tode.
"Da eine Tatbeteiligung der damaligen Polizei historisch belegt ist, hat sich die Inspektion dazu entschieden, eine Kooperation mit der "Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V." einzugehen. So soll gemeinsam und langfristig die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Grausamkeiten während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in der Region gefördert werden." betont Schröder.
"Lernen aus der NS-Vergangenheit bedeutet für jeden Bürger und jede Bürgerin die Hinterfragung eigener aktueller Vorurteile und Ressentiments, und eben auch die stetige kritische Selbstreflexion in gesellschaftlichen Institutionen, wie der Polizei, der Verwaltung oder der Sozialarbeit", hob Martin Guse im Blick auf die geplanten gemeinsamen Informations- und Fortbildungsveranstaltungen der Partner hervor.
Gerade der unmittelbare räumliche Bezug mache den Blick auf Täter und Opfer noch präsenter. Es entsteht nach Überzeugung von Polizei und Gedenkstätte noch mehr persönliche Betroffenheit. Basis der Kooperation ist darum auch nach dem Text der Vereinbarung "die gemeinsame Erkenntnis, dass die Todesopfer der NS-Zwangsarbeit in der Pulverfabrik Liebenau und des "Arbeitererziehungslagers" Liebenau zur Wahrung des Friedens und zu unveräußerlichen Menschenrechten mahnen."
"Gerade in der aktuellen Krise mit einem neuen Krieg in Europa kann nach unserer Überzeugung nicht deutlich genug auf die Bedeutung der Demokratie und der festen Verankerung der Polizei darin hingewiesen werden. Dafür steht auch diese Kooperation!" unterstreicht Schröder.
Die Unterzeichnung fand während der Führungskräftetagung der PI statt, an der über 50 Führungs- und Fachkräfte teilnahmen, und fand somit einen besonderen Rahmen.
Vorangegangen war eine Besichtigung des weitläufigen Geländes der ehemaligen Pulverfabrik, geführt von Martin Guse, der mittlerweile hauptamtlich für den Verein tätig ist. Insbesondere die ausführlichen Schilderungen Guses über die grausamen Schicksale verschiedener Zeitzeugen erzeugten tiefe Betroffenheit, regten zum Nachdenken an und zeigten zugleich auf, wie essentiell die Demokratie für ein friedvolles Miteinander sowie die Wahrung der Menschenrechte ist.
Guse, Inspektionsleiter Schröder und Walter Eisner, 1. Vorsitzender des Vereins und ehemaliger Bürgermeister der SG Liebenau unterzeichneten den Vertrag anschließend im Neubautrakt der ehemaligen Schule in Liebenau, der aktuell zur Gedenk- und Bildungsstätte eingerichtet wird. Zur Untermauerung der Kooperation überreichte Schröder dem Verein einen mit Gravur versehen besonderen Kalksandstein, und setzte symbolisch den Grundstein für eine fortan bestehende tiefe Verbundenheit und Unterstützung. Eisner dankte: "Dies ist der Beginn einer fruchtbaren Kooperation, die für beide Seiten Früchte tragen wird."
Die Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V. bietet regelmäßig Führungen auf dem Gelände der ehemaligen Pulverfabrik an. Für Auskünfte steht Martin Guse telefonisch unter 05023/1575 (AB) sowie per E-Mail unter pulverfabrik@martinguse.de zur Verfügung.
Rückfragen bitte an:
Andrea Kempin
Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg
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