Dokumentation der Hauptverhandlung: Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte bleiben beim „Nein“
Generalstaatsanwaltschaft Hamburg
Pressestelle der Staatsanwaltschaften
Pressemitteilung
Dokumentation der Hauptverhandlung: Generalstaatsanwältinnen
und Generalstaatsanwälte bleiben beim "Nein" ·
Auf ihrer Frühjahrstagung in Berlin haben die deutschen . Generalstaatsanwältinnen
und Generalstaatsanwälte ihr jetziges "Nein" zur digitalen Dokumentation der Hauptverhandlung
bekräftigt. Zum Regierungsentwurf .der Bundesregierung vom 10. Mai
2023 hieß es, das Bemühen um eine sachgerechte Lösung werde zwar anerkannt.
Der Entwurf würde die in der Stellungnahme der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte
vom 26. Januar 2023 geäußerten Kritikpunkte jedoch nicht besei- ·
tigen. Unter anderem würden die dort geäußerten Bedenken im Hinblick auf das Revisionsverfahren
und eine mögliche Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht ausgeräumt.
Der Regierungsentwurf werde daher einstimmig abgelehnt.
Anlage:
GenStA-Stellungnahme vom 17. Mai 2023
GenStA-Stellungnahme vom 26. Januar 2023
Pressemeldung der GenStA Hamburg vom 27. Januar 2023
Hamburg, 19.05.2023
. Oberstaatsanwältin Mia Sperling~Karstens
Stellungnahme der deutschen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte
vom 17. Mai 2023 zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur digitalen Dokumentation
der strafgerichtlichen Hauptverhandlung vom 10. Mai 2023
Das Bundeskabinett hat am 10. Mai 2023 den Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Dokumentation
der strafgerichtlichen Hauptverhandlung beschlossen. Die deutschen Generalstaatsanwältinnen
und Generalstaatsanwälte erkennen insoweit das Bemühen um eine sachgerechte
Lösung an. Der jetzt vorliegende Regierungsentwurf vermag die bereits in der Stellungnahme
vom 26. Januar 2023 geäußerten Kritikpunkte jedoch nicht zu beseitigen. Unter anderem wurden
die dort geäußerten Bedenken im Hinblick auf das Revisionsverfahren und eine mögliche
Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht ausgeräumt. Die deutschen Generalstaatsanwältinnen
und Generalstaatsanwälte weisen noch einmal eindringlich auf ihre Position hin. Sie
lehnen den Regierungsentwurf daher einstimmig ab.
Stellungnahme der deutschen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte
zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur digitalen Dokumentation der
strafgerichtlichen Hauptverhandlung
vom 26.01.2023
Das Bundesministerium der Justiz hat am 22.11.2022 den Referentenentwurf eines Gesetzes
zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung vorgelegt.
Die deutschen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte lehnen diesen Entwurf
ab. Er leistet keinen sachgerechten Beitrag zur Digitalisierung der Justiz. Er geht von falschen
Voraussetzungen aus, wird zur Unzeit vorgelegt und krankt an erheblichen, nicht nur
empirischen, Mängeln. Er lässt grundlegende verfassungs- und europarechtliche
Fragestellungen unbeachtet und greift verfassungswidrig in Grundrechte ein. Er löst kein
Problem,· sondern schafft neue.
Im Einzelnen:
1. Die dem Entwurf zugrundeliegende Annahme, dass die Art der bisherigen
Dokumentation der Hauptverhandlung zu falschen Urteilen führe, liegt weder auf
der Hand, noch ist sie empirisch belegt. Ein Regelungsbedarf ist nicht ersichtlich.
Die in der Strafprozessordnung vorgesehene Art der Dokumentation der strafgerichtlichen
Hauptverhandlung hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Anderes wird zwar seit einigen Jahren
von manchen behauptet, ist allerdings nicht empirisch belegt. Die bloße Tatsache, dass aus
welchen Gründen auch immer in manchen, bei weitem aber nicht allen Staaten Europas
anders verfahren wird, begründet keinen Regelungsbedarf.
II. Einen Mehrwert im Sinne einer Arbeitshilfe wird eine digitale Aufzeichnung -
welcher Art auch immer - nicht bringen.
Keine Art digitaler Aufzeichnung lässt die Notwendigkeit von Mitschriften von Gericht,
Staatsanwaltschaft, Verteidigun~ und auch Sachverständigen entfallen. Alle
Verfahrensbeteiligten werden sich auch im Fall einer digitalen Dokumentation· wie. bisher
· Notizen von den wesentlichen Ergebnissen machen müssen, um für die weitere
Hauptverhandlung (auch für den Fall einer technischen Störung) gewappnet zu sein. Die
eigene Reduzierung auf die wesentlichen Ergebnisse dient bereits der optimierten
Vorbereitung der Plädoyers und der Urteilsfindung. Nicht der Wortlaut einer Ausage ist
entscheidend, sondern ihr Inhalt. Es entspricht weder dem Unmittelbarkeitsprinzip, noch
erscheint es praxisnah, dass sich Verfahrensbeteiligte eine digitale. Inhaltsdokumentation ohne
Anlass anschauen oder anhören werden, bevor sie plädieren oder entscheiden. Sie müssten
sich ohnehin zuvor das Wesentliche notieren.
Eine digitale Aufzeichnung hilft zudem nicht bei der Wahrheitsfindung. Sie wird vielmehr
Anlass zu neuen Meinungsverschiedenheiten bieten und so Streitigkeiten über das
Geschehene fördern. Es droht eine "Beweisaufnahme über die Beweisaufnahme".
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Regelungen dazu trifft der Entwurf nicht. Verzögerungen der Hauptverhandlung sind damit
vorprogrammiert.
III. Die im Entwurf vorgesehene Transkription ist weder technisch hinreichend
umsetzbar, noch löst sie das Problem von Meinungsverschiedenheiten über das
Geschehene. Sie führt zu neuen Problemen.
Das Ziel des Entwurfs, den Verfahrensbeteiligten für erstinstanzliche Verhandlungen vor dem
Land- und dem Oberlandesgericht mit dem Transkript eine objektive Inhaltsdokumentation als
Hilfsmittel an die Hand zu geben und Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt der
Hauptverhandlung zu vermeiden, ist derzeit nicht erreichbar: Eine hinreichend verlässliche und
erprobte Transkriptionstechnik steht noch nicht zur Verfügung.
Ausweislich des Abschlussberichts der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation
der strafgerichtlichen Hauptverhandlung - Bericht der Unterarbeitsgruppe "Technik und
Organisation" - erkennen die Systeme nach Herstellerangaben derzeit lediglich 80 bis 90 %,
indes nur, wenn Hochdeutsch gesprochen wird. Jedenfalls 10 bis 20 % werden also selbst aus
dem Hochdeutschen nicht oder falsch übertragen. Sobald kein Hochdeutsch gesprochen wird,
ist die Rate der fehlerhaften Übertragung deutlich höher ( s, etwa Seite 155 und 187 des
Abschlussberichts). Vor einer grundlegenden Verbesserung der technischen Möglichkeiten
lehnen wir die im Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen schon deshalb ab.
Im Übrigen ist eine sofortige Kontrolle eines Transkripts anhand der Aufzeichnung für keinen
der professionellen Verfahrensbeteiligten leistbar und ein etwaiges Kontrollergebnis nicht
sicher richtig.
IV. Eine Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung lehnen wir ab.
1. Eine Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung verbessert die Erinnerung und die
Erkenntnismöglichkeiten der Verfahrensbeteiligten nicht.
Die Feststellung des Entwurfs auf Seite 19, ,,ein Eindruck der Hauptverhandlung in Bild und
Ton kann den Ablauf des Hauptverhandlungsgeschehens im Einzelfall besser vor Augen
führen, als eine reine Tonaufzeichnung", trifft nicht den Kern: Renommierte
rechtspsychologische Sachverständige haben im Rahmen der Erörterungen der vom BMJ(V)
eingesetzten Expertinnen- und Expertengruppe einhellig ausgeführt, dass Verhaltensweisen
von Personen stets mehrdeutig sind und deshalb Videoaufnahmen auch für die Erinnerung
der Verfahrensbeteiligten keine weiteren Erkenntnisse bringen als Tonaufnahmen (siehe dazu
u. a. von Massow in: Bericht der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der
strafgerichtlichen Hauptverhandlung, Anlagenband, Seite 92 f.; Rebmann in: Bericht der
Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen
Hauptverhandlung, Anlagenband, Seite 129 ff.).
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2. Eine Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung erschwert oder verhindert die
Wahrheitsfindung.
Es ist zu erwarten, dass Personen, die fürchten, dass sich die Videoaufnahme ihrer
Äußerungen im Internet wiederfindet, schon aus dieser Furcht heraus bewusst oder
unbewusst andere Angaben machen, als sie es ohne die Bildaufnahme getan hätten, oder gar
keine Angaben. Dies gilt insbesondere bei intimen oder belastenden Details.
Auch professionelle Verfahrensbeteiligte werden spontane Reaktionen zunehmend
vermeiden, wenn jede Reaktion Anlass für Stellungnahmen und Anträge sein kann, die das
Verfahren verzögern.
Zudem werden Vorhalte dann zumeist mithilfe der audiovisuellen Aufzeichnungen erfolgen.
Das dauert länger als die bisherige komprimierte Version eines Vorhaltes. Der fehlende
Erkenntnisgewinn durch eine Videoaufzeichnung geht also auch insoweit mit Verzögerungen
der Hauptverhandlung einher.
3. Eine Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung verstößt gegen das Gebot des
Opferschutzes.
Die Videoaufzeichnung ist insbesondere mit Blick auf Verfahren wegen Straftaten gegen die
sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 ff. StGB) auch unter Opferschutzgesichtspunkten
abzulehnen: Die Belastung der Opfer würde in vielen Fällen durch die audiovisuelle
Aufzeichnung und das Wissen um die nachfolgend jederzeitige. Reproduzierbarkeit und die
einfache Verbreitbarkeit der Aussage deutlich steigen.
4. Eine Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung verstößt gegen deutsche und
europarechtliche Datenschutzgrundsätze. ·
Videoaufzeichnungen von Gerichtsverhandlungen verstoßen, weil sie eben gerade nicht für
die Wahrheitsfindung nötig sind, gegen den im nationalen Recht, aber auch in der für das
Strafverfahren maßgeblichen JI-Richtlinie niedergelegten Grundsatz der Datensparsamkeit
und das Verbot übermäßiger Datenerhebung: ,,Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass
personenbezogene Daten [ ... ] dem Verarbeitungszweck entsprechen, maßgeblich und in.
Bezug auf die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, nicht übermäßig sind" (Artikel 4 Abs. 1
Buchst. c) JI-Richtlinie).
5. Eine Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung verstößt nach alledem gegen
Grundrechte.
Bild-Ton-Aufzeichnungen haben - das räumt sogar der Entwurf selbst in seinem vorletzten
Absatz ein - eine "besondere [ ... ] Sensibilität . . . für die Persönlichkeitsrechte der
aufgezeichneten Personen". Der Referentenentwurf schränkt diese Rechte der Bürgerinnen
und Bürger aufgrund der vorstehend beschriebenen Defizite unverhältnismäßig ein: Die
Hauptverhandlung auch mit Bild aufzuzeichnen, bringt gegenüber einer reinen Tonaufnahme
- die in die Persönlichkeitsrechte weit weniger eingreift - keinen
Erkenntnisgewinn, siehe oben.4
Die Bildaufzeichnung ist zur Erreichung des Ziels noch besserer Wahrheitsfindung nicht
geeignet. Sie verstößt daher gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit; dieser Eingriff in die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern ist nicht
gerechtfertigt.
Die Anmerkung im Referentenentwurf unter Ziff. A.IV (Seite 13 der Begründung), die
vorgesehenen Regelungen über die Löschung der Aufzeichnungen "verhelfen der
betreffenden Eingriffsnorm erst zu ihrer . Verhältnismäßigkeit", geht fehl. Die
Löschungsregelungen greifen erst weit nach den Eingriffen in Persönlichkeitsrechte und
können daher nicht zu deren Verhältnismäßigkeit führen. Die mit der Bildaufzeichnung
vorgesehenen Eingriffe sind rechtswidrig. Sie müssen unterbleiben.
6. Das Vorhandensein einer Videoaufzeichnung der Hauptverhandlung birgt
besondere Gefahren für die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten.
Der Anreiz, ein Video ins Internet zu stellen, ist erheblich größer als der, eine Tondatei oder
einen Text ins Netz zu stellen. Bilder erregen mehr Interesse und Aufmerksamkeit und haben
eine größere Reichweite. Die im Entwurf vorgesehenen prozessualen und strafrechtlichen
Schutzmechanismen greifen nur bedingt: Technische Vorkehrungen (Verpixelung,
Kennwortschutz pp.) sind technisch überwindbar1 das Verbot der Weitergabe von Dateien ist
durch (heimliches) Abfilmen zu umgehen. Eine Strafandrohung, die sich im Übrigen auf
jegliche Weitergabe der Bild-Ton-Aufzeichnung und auch des Transkriptes erstrecken müsste,
schreckt entschlossene Personen . nicht ab. Reviktimisierungen Geschädigter und
Bloßstellungen von Angeklagten und Zeugen sind damit zu erwarten, wenn die
Hauptverhandlung per Video aufgezeichnet wird. Einen ausreichend wirksamen Schutz gibt
es nicht. Auch deswegen ist auf eine Videoaufzeichnung zu verzichten.
V. Auch einer digitalen Dokumentation in Form einer verpflichtenden Aufzeichnung
nur des Tones stehen gewichtige Gründe entgegen.
Die Ausführungen zur Videoaufzeichnung gelten für bloß akustische Aufzeichnungen - mit
oder ohne Transkription - entsprechend.
Die verpflichtende reine Tondokumentation ohne Transkription taugt im Übrigen nicht als
Hilfsmittel im laufe der Verhandlung: Bloße Tondokumente sind kaum handhabbar. Der
Zeitaufwand für ein Abhören wäre für die Staatsanwaltschaften mit der aktuellen
Personalausstattung ohnehin nicht zu bewältigen und dürfte auch die Verteidigung und das
Gericht vor vergleichbare Probleme stellen.
VI. Die Regelungen zum Revisionsverfahren sind unzureichend.
Die Behauptung des Entwurfs, dass die audiovisuelle Dokumentation der Hauptverhandlung
keine Veränderung des Revisionsverfahrens mit sich brächte, trifft nicht zu. Die Aufzeichnung
bzw. die Wortlautprotokolle werden in die Revision eingeführt werden, zum Beispiel verbunden
mit der Rüge, dass der Zeuge etwas Anderes gesagt habe, als laut Urteilsgründen vom
. erstinstanzlichen Gericht angenommen, oder dass die Urteilsgründe wichtige Angaben eines
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Zeugen oder Sachverständigen rechtsfehlerhaft übergingen. Da aufgrund der Dokumentation
eine Überprüfung des Vortrags möglich ist, wird der Bundesgerichtshof nicht umhinkommen,
sich mit diesen Revisionsrügen und dem Inhalt der Dokumentation auseinanderzusetzen.
Schon die in § 27 4 Abs. 2 des Entwurfs vorgesehene Möglichkeit der Protokollberichtigung
anhand der Aufzeichnung öffnet der Änderung des Revisionsverfahrens Tür und Tor. Dem
kann nur durch klarstellende Regelungen des Gesetzgebers zum zulässigen Rügevorbringen
und zum Prüfungsumfang im Revisionsverfahren begegnet werden. Solche Regelungen
fehlen im Referentenentwurf.
VII. Der Referentenentwurf verkennt, dass eine Einführung digitaler Dokumentation
parallel zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen nicht zu realisieren
ist. Er verkennt zudem die Notwendigkeit, Nutzen und Zulässigkeit einer
Dokumentation empirisch und verfassungsrechtlich zu klären.
Die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen zum 01.01.2026 wird angesichts der
bereits im Vorfeld eingetretenen und der üblicherweise mit derartigen Vorhaben nach
Einführung verbundenen Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten überall ganz erhebliche
Kapazitäten binden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz zusätzlich
herausfordern. Parallel dazu kommt eine Pilotierung oder gar Einführung digitaler
Dokumentation nicht in Betracht. Das verkennt der Referentenentwurf.
Er verkennt zudem und vor allem, dass die vorgesehenen . Regelungen zu den
einschneidendsten Veränderungen des Strafverfahrens der letzten Jahrzehnte führen würden.
Allein das gebietet eine umfassende Prüfung namentlich der vorgenannten Aspekte,
insbesondere eine sachgerechte und fundierte Bewertung der Verfassungsmäßigkeit des
Gesetzesvorhabens in Ansehung des mit ihm verfolgten Zieles einer verbesserten
Wahrheitsfindung; dafür bedarf es einer hinreichenden empirischen Grundlage. Dem
Referentenentwurf fehlt es aber an einer belastbaren Grundlage; sachliche Notwendigkeit,
Nutzen und Zulässigkeit von Neuerungen lässt er ungeklärt.
Jegliche Neuregelung wäre im Übrigen in sachgerechter Abstimmung mit der Justizpraxis zu
finden. Es gilt, Gefahren oder gar Schäden für das Strafverfahren und für Grundrechte der
Beteiligten und damit Gefahren oder gar Schäden für den Rechtsstaat zu verhindern.
Pressemitteilung
Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte sind gegen
eine digitale Dokumentation der Hauptverhandlung
Die deutschen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte lehnen den Referentenentwurf
des Bundesministeriums der Justiz zur digitalen Dokumentation der
strafgerichtlichen Hauptverhandlung vom 22. November 2022 (Videoaufzeichnung
und Transkript) einhellig ab. In einer gemeinsamen Stellungnahme vom 26. Januar
2023 heißt es dazu wörtlich, der Entwurf
- leistet keinen sachgerechten Beitrag zur Digitalisierung der
Justiz,
- geht von falschen Voraussetzungen aus,
- wird zur Unzeit vorgelegt,
- krankt an erheblichen, nicht nur empirischen Mängeln,
- lässt grundlegende verfassungs- und europarechtliche
Fragestellungenunbeachtet,
- greift verfassungswidrig in Grundrechte ein,
- löst kein Problem, sondern schafft neue.Generalstaatsanwalt Dr. Jörg Fröhlich aus Hamburg: ,,Ein nachvollziehbarer Anlass
dafür, den deutschen Strafprozess zu revolutionieren und dabei etliche Verfahrensgrundsätze
und Schutzmechanismen über Bord zu werfen, besteht aus Sicht der
Staatsanwaltschaften nicht. Abgesehen davon wäre eine digitale Dokumentation der
Hauptverhandlung besonders kostenträchtig sowie personal- und organisationsaufwändig.
Die abweisende Stellungnahme meiner Kolleginnen und Kollegen ist deshalb
nur allzu verständlich. Ich trage sie uneingeschränkt mit."
Anlage: Stellungnahme vom 26. Januar 2023 (als PDF-Datei)
Hamburg, 27.01.2023
Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering
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