Pressemitteilung HAMBURG
Pressemitteilung HAMBURG
Anklage wegen Verdachts der Kindesentführung erhoben
Wegen der mutmaßlichen Entführung zweier Kinder aus Dänemark in der Nacht zum 1. Januar
2024 hat die Staatsanwaltschaft Hamburg Anklage gegen insgesamt sieben Personen zum
Landgericht Hamburg - Jugendschutzkammer - erhoben. Drei von ihnen sollen gemeinsam
eine schwere Entziehung Minderjähriger, eine gefährliche Körperverletzung und eine Freiheitsberaubung,
zwei Personen darüber hinaus eine schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen
begangen haben. Den übrigen vier Personen werden jeweils Beihilfehandlungen vorgeworfen.
Gegen fünf weitere mutmaßliche Entführer wird noch gefahndet. Die Ermittlungen gegen
sieben Tatverdächtige wurden mangels hinreichenden Tatverdachts sowie in einem Fall
wegen Geringfügigkeit von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Angeklagt als Mittäter sind die 51-jährige Mutter der Kinder, ein 62-jähriger Deutscher und ein
35-Jähriger israelischer Staatsangehöriger, der im letzten Jahr auf Zypern festgenommen
wurde und sich seit November 2024 in Hamburg in Untersuchungshaft befindet (vgl. Pressemitteilung
der Generalstaatsanwaltschaft vom 22. November 2024). Wegen des Verdachts der
Beihilfe müssen sich der 66-jährige Lebensgefährte der Mutter, zwei Personen aus deren privatem
Umfeld sowie der Leiter eines Hamburger Sicherheitsunternehmens verantworten.
Die Mutter der Kinder soll im Zusammenwirken mit dem 62-Jährigen den Auftrag erteilt haben,
ihre 2010 geborene Tochter und ihren 2013 geborenen Sohn gewaltsam der Obhut des ebenfalls
sorgeberechtigten Vaters zu entziehen, um sie von ihrem Wohnort in Dänemark nach
Deutschland zu verbringen. Zur Planung und Durchführung des Vorhabens quartierten die
Angeschuldigten laut Anklage mehrere Personen, darunter den 35-jährigen Israeli, unter Aliaspersonalien
und Freistellung von sämtlichen Kosten in einem Hamburger Luxushotel ein.
Der 35-Jährige und fünf weitere Personen sollen dem Vater der Kinder in der Silvesternacht
sodann aufgelauert, ihn zusammengeschlagen, die beiden Kinder in ein Kraftfahrzeug gezerrt
und sich mit ihnen nach Deutschland begeben haben. Während eines Fahrzeugwechsels im
deutsch-dänischen Grenzbereich soll den Kindern mit Tape-Band der Mund zugeklebt, die
damals 13-Jährige Tochter soll außerdem an den Händen gefesselt worden sein. Mit einem
Wohnmobil gelangte die Gruppe schließlich nach Baden-Württemberg, wo die Kinder bis zum
Eintreffen der Mutter am 2. Januar 2024 gegen ihren Willen festgehalten wurden.
Der angeklagte Lebensgefährte der Mutter soll deren Anreise nach Baden-Württemberg organisiert
und ihre anschließende Rückkehr mit den Kindern zu ihrer Wohnanschrift nach Hamburg
koordiniert haben. Hierbei sollen auch zwei mitangeklagte Bekannte des Paares behilflich
gewesen sein. Der Lebensgefährte steht zudem im Verdacht, gegenüber Kriminalbeamten
falsche Angaben gemacht zu haben. Der mitangeklagte Sicherheitsunternehmer soll für eine Bewachung
des Hamburger Anwesens gesorgt haben, um ein späteres Entweichen der Kinder
zu verhindern.
Hinreichenden Tatverdacht gegen den 84-jährigen Großvater der Kinder vermochte die
Staatsanwaltschaft indes nicht festzustellen. Dieser soll zwar schon zuvor mehrere Sicherheits-
und Beratungsunternehmen im Zusammenhang mit dem Sorgerechtsstreit seiner Tochter
kontaktiert haben. Der Nachweis einer konkreten Beteiligung an den hier verfahrensgegenständlichen
Ereignissen ließ sich jedoch nicht führen. Dasselbe gilt für den zunächst ebenfalls
in Verdacht geratenen 46-jährigen Onkel der Kinder.
Vier weitere Personen, die in den Ankauf des Wohnmobils verwickelt waren und den mutmaßlichen
Entführern mit den Kindern bis zum 2. Januar 2024 Unterschlupf in Baden-Württemberg
gewährten, hatten nach dem Ermittlungsergebnis unwiderlegbar nichts von den Tathintergründen
gewusst. Den Beitrag einer Hotelangestellten, die noch am 8. Januar 2024 Zimmerspuren
im Luxushotel beseitigt haben soll, sah die Staatsanwaltschaft als geringfügig an (§ 153 Absatz
1 der Strafprozessordnung).
Für sämtliche Angeschuldigten gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
Zum näheren Hintergrund:
Im Zuge einer bestehenden Besuchsvereinbarung hatte der Vater die beiden Kinder am 27.
August 2021 in Hamburg abgeholt, sie mit zu sich und seiner neuen Lebensgefährtin nach
Dänemark genommen und am 29. August 2021 nicht wieder zur Mutter zurückgebracht. Obwohl
das Hanseatische Oberlandesgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht daraufhin am
27. Oktober 2021 allein auf die Kindesmutter übertragen und den Vater dazu verpflichtet hatte,
Tochter und Sohn an diese herauszugeben, blieb die Situation unverändert. Der Kindesvater
wurde von der Staatsanwaltschaft Hamburg daher bereits am 12. Mai 2023 wegen Entziehung
Minderjähriger angeklagt. Jenes Verfahren ist inzwischen ebenfalls am Landgericht Hamburg
anhängig. Eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht ergangen.
Hamburg, 25. April 2025
Oberstaatsanwältin Mia Sperling-Karstens
Tel.: 040/42843 2588
Fax: 040/42798 1900
Email: Pressestelle-Staatsanwaltschaft@sta.justiz.hamburg.de
Rückfragen bitte an:
Staatsanwaltschaft Hamburg
Pressestelle
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