Hauptbahnhof Bremen: Erfolgsmodell Videotechnik – 88 Kameras sorgen für Sicherheit

Bildunterschrift: Der Mann auf der Treppe ist schwer verletzt und verliert mehrfach das Bewusstsein. Während sich Helfer um ihn kümmern, zieht der Dieb (im Bild vorne) dessen Handy aus der Gesäßtasche und steckt es ein. Dann verlässt er den Tatort. Weitere Kameras zeichneten den Weg vor und nach der Tat... mehr

Hannover (ots) - Hauptbahnhof Bremen: Erfolgsmodell Videotechnik - 88 Kameras sorgen für Sicherheit

Der Einsatz der im November 2016 optimierten Videoanlage im Bremer Hauptbahnhof hat sich überaus bewährt. Die hohe Auflösung und die Anzahl der Kameras ermöglichen Übersichtsaufnahmen zur schnelleren Gefahrenanalyse. Zur konkreten Beweissicherung in Strafverfahren erfolgte die Speicherung, Sichtung und Auswertung in der Zeit seit der Einführung im November 2016 bis Ende Mai 2017 in rund 110 Fällen. Mit Hilfe der Videotechnik wurden sie aufgeklärt und in sieben Fällen wurden Täter erst im Nachgang ermittelt, weil vorher die konkreten Straftaten nicht ersichtlich waren. Wichtig ist weiterhin die Dokumentation der Wege, die Straftäter vor und nach der Tat zurückgelegt haben, was durch die Videotechnik möglich ist. Nicht zuletzt können Fahndungsfotos zeitnah an andere Polizeidienststellen übermittelt werden, um gezielt nach Personen zu fahnden.

Beispiel: 23.03.2017: Laptop-Diebstahl Unbekannte Täter stahlen auf dem Bahnsteig 7/8 Süd bei der Sitzgruppe eine Laptoptasche. Der Geschädigte hatte sich einen Moment zum Telefonieren abgewendet. Diesen Zeitpunkt nutzte ein Täter und konnte unbemerkt mit dem Fahrstuhl aus dem Sichtfeld des bestohlenen Mannes entkommen. Durch die Videoauswertung konnte ein 21-jähriger Libyer als Beschuldigter ermittelt werden.

Im ersten Schritt wird nach dem Meldungseingang von den Bundespolizisten der Ereignisort per Videokamera angesehen. Das dient dem angemessenen Kräfteansatz und der Beurteilung des Grades möglicher Gefährdung von Bahnreisenden und Beamten. Auf der Leitstelle wird der Einsatz am Bildschirm überwacht, um bei eskalierenden Lagen weitere Einsatzkräfte einzusetzen - ein zusätzlicher Schutz für die Beamten.

Wenn Straftaten aus der Masse heraus begangen werden, ermöglichen die Aufnahmen gezielte Fahndungsmaßnahmen - unterzutauchen wird erschwert. Bei sechs relevanten Fußballspielen erfolgte der Einsatz der Videotechnik im Zusammenhang von Heimspielen des SV Werder Bremen und in weiteren Einsätzen beim Umstieg von Risikopersonen anderer Vereine. Zugleich wird dokumentiert, ob der Polizeieinsatz verhältnismäßig verläuft.

Beispiel: 29.04.2017 - Glaswurf auf 86-Jährigen durch Fußballfan Ein 86-jähriger Reisender befand sich am Ausgang der Passage zur Bürgerweide des Bremer Hauptbahnhofes, als er aus der Menge von Fußballfans von einem geworfenen Bierglas am Kopf getroffen wurde und zu Boden ging. Daraufhin bildete sich ein Bluthämatom über dem linken Auge, das von einem Sanitäter der Bundespolizei versorgt wurde. Ein 30-jähriger Deutscher aus Berlin konnte im Nachgang durch die Aufnahmen identifiziert werden.

Manche Personen können sich nicht erinnern, ob und wann sie Opfer von Straftaten wurden. Das kommt häufiger bei Taschendiebstählen vor, bei denen Geschädigte nicht wissen, ob sie den Gegenstand verloren haben könnten - folglich ist die Dunkelziffer hoch. Manche haben nur einen vagen Verdacht, zu welchem Einstiegszeitpunkt sich jemand an sie gedrängelt haben könnte, ohne ein Gesicht gesehen zu haben. Auch dann hilft der Videobeweis. Besonders perfide erscheint es jedoch, wenn eine hilflose Lage ausgenutzt wird:

Beispiel: 03.12.2016 - Verletzter nach Treppensturz bestohlen Ein 54-jähriger Mann war nachts im Bremer Hauptbahnhof mehrere Treppenstufen hinuntergestürzt. Hilflos blieb er mit einer Kopfwunde liegen. Unter die Ersthelfer mischten sich drei Jugendliche, von denen ihm ein 17-Jähriger unbemerkt das Handy aus der Hosentasche zog. Er war polizeilich bekannt und wurde nach der Video-Auswertung bereits am nächsten Tag ermittelt.

Die Option, einen sogenannten "Strengbeweis" im Strafverfahren aufnehmen zu können, ist für die Ermittlungen von unschätzbarem Wert. Viele Täter oder Straftaten würden ohne Videotechnik niemals überführt bzw. aufgeklärt werden, da die Zeugen fehlen. Außerdem konnten Sachverhalte aufgeklärt werden, in denen Verdächtige zu Unrecht beschuldigt wurden, beispielsweise wegen einer angeblichen sexuellen Belästigung nach Ankunft eines Zuges: Eine Jugendliche hatte den Übergriff eines Mannes frei erfunden - sie war allein auf dem Bahnsteig.

In einem anderen Fall wurde eine sexuelle Belästigung nachgewiesen, als ein Mann eine junge Dame verfolgte und unsittlich berührte. Wegen der auffälligen Weise des Verfolgens - was durch mehrere Kameras dokumentiert wurde - war die Entschuldigung eines "Versehens" unglaubwürdig. Dokumentierte Szenen helfen folglich der Justiz bei der Urteilsfindung.

Beispiel: 05.05.2017 - Fahrer eines Elektro-Scooters vom Zug mitgeschleift und tödlich verunglückt Der 86-jährige Mann versuchte die Türen eines abfahrenden Zuges zu öffnen, geriet mit zwei Rädern zwischen Zug und Bahnsteigkante und wurde rund 30 Meter mitgezogen, bis sein Scooter bei höherer Geschwindigkeit umkippte und er sich schwere Kopfverletzungen zuzog. Der 86-Jährige starb am nächsten Tag im Krankenhaus, weswegen eine fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge nicht auszuschließen war. Die Aufzeichnungen entlasteten den Triebfahrzeugführer und das Zugpersonal. Zudem wurde der tragische Unfallhergang lückenlos dokumentiert, was umgehend mit einer Pressemitteilung veröffentlicht werden konnte.

Aus Sicht der Bundespolizei ist eine moderne Videotechnik an hochfrequentierten Orten ein unverzichtbares Hilfsmittel erfolgreicher Ermittlungen. Es werden jedoch keine Beamten eingesetzt, "um durchgehend 120.000 Reisende zu überwachen", die täglich den Bremer Hauptbahnhof passieren, denn bis zu drei Stunden dauert allein eine verfahrensgerechte Dokumentation. Und 88 Kameras lassen sich mit wenigen Bildschirmen nicht zur gleichen Zeit überwachen.

Ergo: Wenn Bundespolizisten die Option wählen, eine "Zeitmaschine" zum Blick in die Vergangenheit einzusetzen, geht es ihnen ausschließlich darum, bei konkreten Anlässen den Schutz der höchsten Rechtsgüter zu gewährleisten: Leben, Gesundheit und Eigentum.

Bildunterschrift: Der Mann auf der Treppe ist schwer verletzt und verliert mehrfach das Bewusstsein. Während sich Helfer um ihn kümmern, zieht der Dieb (im Bild vorne) dessen Handy aus der Gesäßtasche und steckt es ein. Dann verlässt er den Tatort. Weitere Kameras zeichneten den Weg vor und nach der Tat auf - ebenso das Portrait des Täters, welches Zivilfahnder zweifelsfrei wiedererkannten.

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