Gemeinsame Presseerklärung vom 26.10.2017: Festnahme im Fall „Tötungsdelikt zum Nachteil von Johanna Bohnacker“ (1999/2000)

Gießen (ots) - Gemeinsame Pressemitteilung

der Staatsanwaltschaft Gießen, Marburger Straße 2, 35390 Gießen, Pressesprecher: Staatsanwalt Thomas Hauburger, Tel. (06 41) 7006 2044, E-Mail: thomas.hauburger@sta-giessen.justiz.hessen.de

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Polizeipräsidiums Mittelhessen, Pressestelle, Ferniestraße 8, D-35394 Gießen Telefon: (0641) 7006 (0) - 2040 Fax: (0641) 7006 - 2041, E-Mail: poea-gi.ppmh@polizei.hessen.de Pressesprecher: Jörg Reinemer

Gemeinsame Presseerklärung vom 26.10.2017:

Festnahme im Fall "Tötungsdelikt zum Nachteil von Johanna Bohnacker" (1999/2000)

Am gestrigen Tag konnte in Friedrichdorf (Hochtaunuskreis) ein 41 Jahre alter Mann von der Kriminalpolizei Gießen festgenommen werden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Gießen wurde der vorbestrafte Beschuldigte dem zuständigen Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Gießen vorgeführt. Es erging Haftbefehl wegen Mordes und besonders schwerer sexueller Nötigung. Im Rahmen der Haftvorführung räumte der Beschuldigte den überwiegenden Teil des Tatvorwurfs ein.

Der Beschuldigte steht im dringenden Verdacht, die damals achtjährige Johanna Bohnacker am Nachmittag des 02.09.1999 im Bereich eines in Ranstadt-Bobenhausen gelegenen Radweges gewaltsam in sein Fahrzeug - einen "VW Jetta" - verbracht und sich im Folgendem an dem Mädchen sexuell vergangen zu haben. Anschließend soll er das Kind getötet und den Leichnam in einem Waldstück in der Gemarkung Alsfeld-Lingelbach abgelegt haben, wo die sterblichen Überreste am 01.04.2000 aufgefunden wurden.

Der arbeitslose und ledige Beschuldigte geriet durch ein Vorfall, der sich im August 2016 in einem Maisfeld bei Nidda ereignete, in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden. Hier war der Beschuldigte zufällig von Passanten bei sexuell motivierten Fesselungsspielen mit einer 14 Jährigen ertappt worden. Im Zuge der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, konnten aufgrund des Umstands der Fesselung und des Verwendens von Klebeband Parallelen zum "Fall Johanna" hergestellt werden.

Nachdem die Wohnräume des Beschuldigten Mitte Februar 2017 anlässlich des Übergriffs im Maisfeld durchsucht worden waren, erhärteten sich die Verdachtsmomente. Denn bei dem Beschuldigten konnte umfangreiches kinderpornografisches Bildmaterial und weitere Beweismittel sichergestellt werden.

In Absprache mit der Staatsanwaltschaft wurde daraufhin zunächst von der Polizei in Friedberg die "AG Johanna 2017" gegründet, die kurze Zeit später beim PP Mittelhessen in Gießen mit erheblichen Personalaufwand als "SOKO Johanna 2017" fortgeführt wurde. Gegenstand der Ermittlungen der etwa 30 Mann starken Sonderkommision war neben der Aufarbeitung sämtlicher Erkenntnisse aus den vergangenen 18 Jahren die Überprüfung der nunmehr festgenommen Person.

Dabei wurden umfangreiche Überwachungsmaßnahmen initiiert, zeitaufwändige digitalforensische Auswertungen getätigt, eine Vielzahl von Zeugen befragt und ergänzende Spurengutachten eingeholt. Insbesondere wurde die sog. "Spur 11", also das auf einem am Leichenablageort aufgefundene Klebebandstück gesicherte Fingerspurenfragment, durch das Kriminaltechnische Institut des Bundeskriminalamts untersucht und mit den "neuen", seit 2017 einliegenden Fingerabdrücken des Beschuldigten verglichen. Die Sachverständigen konnten feststellen, dass der Abdruck des linken Daumens des Beschuldigten im Vergleich mit der "Spur 11" mehrere Übereinstimmungen aufweist. Sämtliche erkennbaren Merkmale des am Klebeband befindlichen Teilabdrucks finden sich auch am linken Daumen des Tatverdächtigen wieder.

Bei den Anfang 2000 durchgeführten Reihenuntersuchungen konnte der Beschuldigte hingegen nicht als möglicher Spurenverursacher erkannt werden, weil sein damals einliegender Fingerabdruck minimale Abbildungsstörungen im Randbereich aufwies und es deshalb beim Abgleich mit der Spur zu keinem Treffer kam. Darüber hinaus haben sich die Standards der daktyloskopischen Untersuchungen in den letzten Jahren fortwährend weiterentwickelt.

Des Weiteren konnten bei der bereits erwähnten Durchsuchung Anfang 2017 u.a. auch Klebebänder in der Wohnung des Beschuldigten sichergestellt werden. Die Asservate wurden dem Hessischen Landeskriminalamt zur Untersuchung übersandt. Die Spurenexperten konnten hierbei feststellen, dass sich an den am Leichenablageort aufgefundenen Klebebandresten die gleichen Acrylfasern wie an den Klebebändern aus der Wohnung des Beschuldigten befinden.

Diese Sachbeweise gepaart mit dem Umstand, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt über einen "VW-Jetta" mit "HG-Kennzeichen" verfügte, begründet den dringenden Tatverdacht gegen den Festgenommenen, der jetzt in einer hessischen Justizvollzugsanstalt einsitzt.

Die Ermittlungen dauern an.

Weitere Presseauskünfte werden ausschließlich über die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Gießen (0641-934-3215) erteilt.

Staatsanwalt Thomas Hauburger, Pressesprecher

Jörg Reinemer, Pressesprecher

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