10.04.2020 – 13:17, Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim, Nordhorn (ots)
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und Kriminalpräventioner des Polizeikommissariates Nordhorn, starten Projekt gegen häusliche Gewalt mit Flyeraktion
Knapp sechs Monate früher als geplant, geht ab heute das Projekt "StoP - Stadt ohne Partnergewalt" in die Umsetzung.
Bereits Ende 2019 haben sich die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Nordhorn, Anja Milewski, und der Kriminalpräventioner, Uwe van der Heiden, darauf verständigt, ein Hilfs- und Unterstützprojekt zum Thema Partnergewalt aufzulegen. Ursprünglich sollte das Projekt erst in der zweiten Jahreshälfte an den Start gehen.
Die aktuelle Situation infolge der Covid-19-Pandemie machte das Thema nun aber aktueller denn je. Die Polizei verzeichnet bundesweit rasant steigende Zahlen von Partnergewalt in häuslicher Gemeinschaft. Sind aktuell zwar vornehmlich größere Städte betroffen, so ist aber auch in unserer Region ein Anstieg der Fallzahlen zu beobachten.
Nach Ansicht der Initiatoren war daher nun Eile geboten. Das Projekt wurde vorgezogen. "Uns war es enorm wichtig, schnell ein Unterstützungsangebot zu schaffen", so Anja Milewski.
In Rekordzeit entwarfen die beiden Projektbeteiligten einen Flyer mit hilfreichen Hinweisen und Verhaltensempfehlungen bei häuslicher Gewalt sowie den Erreichbarkeiten von Hilfs- und Beratungsinstitutionen.
Das Kulturdezernat der Stadt Nordhorn gab den letzten Schliff und brachte den Flyer in den Druck. Der kriminalpräventive Rat der Stadt Nordhorn erklärte trotz der schwierigen Vorstellungs- und Debattiersituation schnell und unbürokratisch die Kostenübernahme.
Dank der großartigen Zusammenarbeit ist es somit gelungen, den Flyer bereits zum Osterwochenende als Beilage mit dem Grafschafter Wochenblatt zu verteilen.
Und darum geht es: Gewalt in Partnerschaften kommt täglich vor - in allen Gesellschaftsschichten. Opfer sind vor allem Frauen. Die Erfahrung, zu Hause von einem nahen Menschen Gewalt zu erfahren, ist furchtbar und hat einschneidende, existenzielle Folgen für die Betroffenen. Partnergewalt zerstört Gesundheit und Leben aller Beteiligten. Zu selten wird offen darüber gesprochen. Scham und Unsicherheit prägen den Umgang mit der Thematik. Viele gehen fälschlicher Weise davon aus, dass häusliche Gewalt Privatsache sei.
Aber: Partnergewalt verstößt gegen Recht und Menschlichkeit.
Das Geschlecht spielt für die Art der Gewalt und den Ort, an dem sie stattfindet, eine wichtige Rolle.
Jede vierte Frau, die in einer Partnerschaft gelebt hat, hat körperliche Übergriffe durch einen Beziehungspartner erlebt. Fast jede siebte widerfuhr sexualisierte Gewalt (Studie Bundesfamilienministerium/BMFSFJ 2004: 10)
Doch auch Männer werden in Partnerschaften verletzt. Auch Frauen werden gewalttätig. Formen und Ausmaß sind allerdings unterschiedlich.
Nicht zuletzt bedeutet die Gewalt für im Haushalt lebende Kinder, eine Gefahr massiver sozialer und emotionaler Schädigungen.
Vor diesem Hintergrund war es Anja Milewski und Kriminaloberkommissar Uwe van der Heiden ein großes Anliegen, ein besonderes Angebot für von häuslicher Gewalt betroffene Personen und das gesamte Umfeld zu schaffen. "Gewalt in Partnerschaften ist keine Privatsache und findet nicht im luftleeren Raum statt. Nachbarn, Bekannte oder Verwandte hören, ahnen, wissen etwas. Aus Angst und Unsicherheit wird noch zu oft geschwiegen!" sagt Anja Milewski. Das Projekt "Stadt ohne Partnergewalt" werde bereits in ähnlicher Form in mehreren Stadtteilen Hamburgs durchgeführt und schließe eine Unterstützungslücke.
Bei bisher durchgeführten Projekten wurde das sozialräumliche Umfeld von Opfern und Tätern nicht berücksichtigt. "Das Projekt Stadt ohne Partnergewalt setzt dort an wo Gewalt geschieht - am Wohnort und in der Nachbarschaft", so Uwe van der Heiden. Netzwerke im sozialen Umfeld, dem "Quartier", sollen unmittelbar und mittelbar Betroffenen helfen, etwas tun und ändern zu können. Die Regelungen des Gewaltschutzgesetzes zielen darauf ab, den Opfern den Verbleib in der Wohnung zu ermöglichen. Viele suchen trotzdem Schutz in Frauenhäusern oder nehmen einen Umzug auf sich. Viele Frauen fühlen sich am bisherigen Wohnort ungeschützt oder sind real gefährdet. Hier müssen Mechanismen entwickelt werden, die den Betroffenen Schutz im eigenen Heim bieten. Es braucht einen Ansatz, der die Flucht überflüssig macht. Schutz bietet dabei vor allem die Unterstützung Anderer. Nicht alleine zu sein schafft subjektive und objektive Sicherheit. Den Nachbarn kommt dabei eine besondere Rolle zu. Sie hören, sehen, ahnen und fühlen sich oft direkt betroffen. Sie können dazu beitragen, Eskalationen zu verhindern und Gewalt zu stoppen! "Studien belegen, dass eine aufgeklärte und handlungswillige Nachbarschaft lebensrettend und gewaltreduzierend wirken kann", so die beiden Projektinitiatoren abschließend. Nach dem nun ergangenen vorgezogenen Startschuss des Flyer Projektes, wird in der zweiten Jahreshälfte mit weiteren dazugehörigen Aktionen zu rechnen sein.
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