„Falsche Polizeibeamte“ schlagen wieder zu | Hoher fünfstelliger Schaden
LKR. OBERALLGÄU. Opfer eines Trickbetruges „Falscher Polizeibeamter“ wurde gestern Abend eine über 80-jährige Frau aus dem südlichen Oberallgäu. Die Betrüger ergaunerten einen hohen fünfstelligen Betrag.
Der Fall
Bereits am Nachmittag wurde die Rentnerin von einem vermeintlichen Kriminalbeamten, der vorgab, vom Raubdezernat Stuttgart zu sein, telefonisch kontaktiert. Er täuschte sie mit der Geschichte, dass eine rumänische Bande ihr Unwesen treibe, welche ältere Menschen auf offener Straße berauben würde. Da im Notizbuch eines Tatverdächtigen ihr Name vermerkt wäre und sie als nächstes Opfer im Visier der anderen, noch flüchtigen Täter sei, müssten ihre Wertgegenstände in Sicherheit gebracht werden. Hierfür würde ein Polizist bei ihr vorbeikommen und zunächst ihre Wertgegenstände und später sie abholen.
Um aufkommende Zweifel an dem Sachverhalt auszuräumen, wurde die Geschädigte in einem der mehrfachen Telefonate durch die unbekannten Täter aufgefordert, die 110 anzurufen, um sich die Echtheit des Polizeibeamten bestätigen zu lassen. Hierbei wurde das Gespräch durch die Täter jedoch gehalten, was bewirkte, dass die Geschädigte durch das Wählen der 110 nicht bei der „echten Polizei“ landete, sondern weiterhin mit den unbekannten Tätern verbunden blieb.
Gegen 18.30 Uhr übergab die Rentnerin an ihrer Wohnanschrift zahlreiche Goldmünzen und Bargeld im Gegenwert einer hohen fünfstelligen Summe.
Erst etwa eine Stunde später, als die Rentnerin den echten Polizeinotruf wählte, um nachzufragen, wann sie abgeholt und in Sicherheit gebracht werde, erlangte die Polizei Kenntnis von dem Trickbetrug.
Die sofort eingeleiteten umfangreichen Fahndungsmaßnahmen verliefen bislang leider erfolglos.
Die Masche
Die äußerst professionellen und sehr sprachgewandten Anrufer stellen sich als Polizeibeamte, oder auch andere behördliche Vertreter vor. Durch geschickte Manipulation und wiederholte, teils über Tage dauernde Kontaktaufnahme gelingt es ihnen, ein starkes Vertrauensverhältnis zu ihren Opfern aufzubauen. Um sich zu legitimieren wird das Opfer teils aufgefordert bei der örtlichen Polizeidienststelle zurückzurufen. Der Täter täuscht dann durch das Einspielen eines Freizeichens vor, dass die Verbindung unterbrochen wurde, obwohl diese noch weiter besteht. Wenn das Opfer nun die Nummer der örtlichen Polizei oder die 110 wählt, wird keine neue Verbindung aufgebaut. Stattdessen täuscht derselbe Täter oder ein Komplize vor, den Anruf als „richtige Polizei“ wieder anzunehmen.
Trennen Sie also die Verbindung durch Auflegen und wenden sie sich an die Notrufnummer 110, wenn möglich von einem anderen Telefon. Lassen Sie sich nicht verbinden!
Die im Telefondisplay der Angerufenen angezeigte Rufnummer kann von den Tätern über eine Software manipuliert werden. Im Falle falscher Polizeibeamter wird teils die Rufnummer der örtlichen Polizeidienststelle oder die örtliche Vorwahl in der Verbindung mit der 110 angezeigt. Die Anzeige einer bekannten Rufnummer ist also kein Grund für falsches Vertrauen.
Die Zahlen
Die gute Nachricht: die Zahlen sinken im Bereich des Präsidiums deutlich. Registrierte die Polizei im Jahr 2020 noch mehr als 1.100 Anrufe mit der Masche des „Falschen Polizeibeamten“, so waren es mit dem fast abgeschlossenen Jahr 2021 bislang etwas mehr als 650.
Die schlechte Nachricht: Noch immer ergaunern die Betrüger hohe Summen von ihren Opfern. Waren es 2020 noch mehr als 400.000 Euro, sank dieser Betrag 2021 vergleichsweise unterdurchschnittlich und liegt derzeit bei rund 340.000 Euro.
Ein Blick in den Landkreis Oberallgäu und die Stadt Kempten verrät, dass die Situation hier im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert ist. 2020 verzeichneten die Beamtinnen und Beamten etwas weniger als 170 Fälle, dieses Jahr liegt die Zahl ebenso noch sehr knapp unter 170 Straftaten. Die Schadenssummen sprechen eine deutliche Sprache: Letztes Jahr war der Landkreis und die Stadt mit keinem vollendeten Fall betroffen, dieses Jahr entstanden bei zwei erfolgreichen Betrügen ein Gesamtschaden von rund 100.000 Euro.
Die Tipps
Die Polizei weist darauf hin, dass echte Polizeibeamte niemals unter der Telefonnummer „110“ anrufen und niemals am Telefon nach Geld oder Wertgegenständen fragen.
Lassen Sie grundsätzlich keine Unbekannten in Ihre Wohnung.
Fordern Sie von angeblichen Amtspersonen, zum Beispiel Polizisten, den Dienstausweis.
Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Suchen Sie die Telefonnummer der Behörde selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonauskunft geben. Wichtig: Lassen Sie den Besucher währenddessen vor der abgesperrten Tür warten.
Die Polizei wird Sie niemals um Geldbeträge bitten.
Geben Sie am Telefon keine Details zu Ihren finanziellen Verhältnissen preis.
Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen. Legen Sie einfach auf.
Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen.
Zeigen Sie jeden Fall bei der Polizei an, auch wenn Sie den Betrugsversuch durchschauten und die Täter keine Beute machen konnten.
(KPI Kempten)
Medienkontakt:
Pressestelle beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West, D-87439 Kempten (Allgäu), Rufnummer (+49) 0831 9909-0 (-1012/ -1013).