Gefälschte Impfzertifikate: Polizei Hannover beschlagnahmt bei rund zwei Dutzend Durchsuchungen Dokumente und Zubehör
Die Polizeidirektion Hannover hat seit Ende Februar in der Landeshauptstadt und Umland zahlreiche gefälschte Impfdokumente gefunden und weitere mögliche Beweismittel beschlagnahmt. Die Aktionen richteten sich gegen Einzelpersonen, die teilweise bereits im vergangenen Jahr in den Fokus der Ermittler geraten waren.
Mit einer Reihe von Durchsuchungen sind die Staatsanwaltschaft Hannover und die Polizeidirektion Hannover seit Ende Februar dieses Jahres in einer Vielzahl von Verfahren gegen Personen vorgegangen, die im Verdacht stehen, Impfdokumente aktiv gefälscht beziehungsweise Dokumente mit gefälschten oder falschen Eintragungen genutzt zu haben. Mit den Fälschungen wollten sie beispielsweise digitale Impfzertifikate erhalten. Insgesamt wurden in den vergangenen zwei Wochen auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hannover durch die Polizei rund zwei Dutzend Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt und im Rahmen dessen Wohnungen, Geschäftsräume sowie Fahrzeuge durchsucht. Ziel war es, Dokumente mit gefälschten oder falschen Eintragungen sowie weitere Beweismittel zu finden.
So unter anderem bei einer Frau aus dem hannoverschen Stadtteil Linden-Mitte. Die 21-Jährige suchte im November 2021 eine Apotheke auf, um sich ein digitales Impfzertifikat erstellen zu lassen. Hierzu legte sie jedoch einen Impfpass vor, der die Apothekerin stutzig werden ließ. Eine Überprüfung der eingetragenen Daten erhärtete den Verdacht einer Fälschung. Während die 21-Jährige flüchtete, meldete die Apothekerin den Sachverhalt der Polizei. Diese stattete nun der Frau in ihrer Wohnung einen Besuch ab, um einen Durchsuchungsbeschluss zu vollstrecken. Kurz nach betreten der Wohnung räumte der ebenfalls anwesende Bruder der Frau ein, dass die 52 Jahre alte Mutter für die gesamte Familie gefälschte Impfpässe organisiert habe. Die Beamten stellten ein Genesenenzertifikat, ein digitales Impfzertifikat und ein Mobiltelefon sicher. Auch gegen die Mutter wird inzwischen ermittelt.
Ebenfalls im November vergangenen Jahres erstattete ein mit den Corona-Schutzmaßnahmen beauftragter Angestellter einer Firma Anzeige bei der Polizei. Auslöser war ein zum Tatzeitpunkt 29 Jahre alter Mitarbeiter des Unternehmens, der einräumte, einen gefälschten Impfpass vorgelegt zu haben. Im weiteren Verlauf war der 29-Jährige zunächst freigestellt und kurz darauf gekündigt worden. Darüber hinaus wurde bekannt, dass der Mann mit dem gefälschten Impfpass einen Urlaub im Ausland angetreten hatte. Kurz nach seiner Rückkehr erschien er mit dem Coronavirus infiziert und trotz unverkennbarer Symptome in der Firma. Wenig später erkrankten insgesamt fünf weitere Mitarbeitende des Unternehmens an Covid-19. Bei der nun erfolgten Durchsuchung der Wohnung des inzwischen 30-Jährigen in der List beschlagnahmten die eingesetzten Polizisten einen Laptop, ein Mobiltelefon sowie einen gefälschten Impfausweis und den Reisepass des Mannes.
Zum ungünstigsten Zeitpunkt unterhielten sich mehrere bislang unbekannte Mitarbeitende eines Friseursalons im hannoverschen Stadtteil Döhren im Januar dieses Jahres über einen Handel mit gefälschten Impfpässen. Im Beisein eines Kunden offerierte einer der Mitarbeitenden seinem Kollegen entsprechende Dokumente und präsentierte gleich mehrere davon. Was die mutmaßlichen Täter nicht wussten: Der Kunde auf dem Frisierstuhl war ein 24-jähriger Polizeibeamter. Entsprechend wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei der Durchsuchung des Geschäfts stießen die Beamten auf einen gefälschten Impfpass sowie zwei Nachweise zum Erstellen von Impfzertifikaten.
Dem Vorwurf der Urkundenfälschung sieht sich auch eine zum Tatzeitpunkt 43 Jahre alte Frau ausgesetzt, die in einem hannoverschen Krankenhaus angestellt war. Um ihren Impfstatus zu belegen, reichte die Frau im Dezember vergangenen Jahres ihren Impfpass ein. Eine mit der Überprüfung beauftragte Mitarbeiterin der Klinik wurde jedoch misstrauisch und erkannte gefälschte Eintragungen in dem Dokument. Auch die daraufhin eingeleiteten Ermittlungen bestätigten dies. Weitere Überprüfungen ergaben, dass drei Kolleginnen der 43-Jährigen, die untereinander teils freundschaftliche Kontakte unterhielten, ebenfalls gefälschte Impfpässe vorlegten. In der Konsequenz leitete die Polizei auch gegen die 32, 51 und 57 Jahre alten Frauen Ermittlungsverfahren ein.
An den jeweiligen Adressen der Frauen erfolgten zudem Durchsuchungen. Dabei wurden diverse Impfausweise und Mobiltelefone sichergestellt. Wie sich herausstellte, waren auch die Impfausweise der beiden Kinder der 43-Jährigen gefälscht. Zwei weitere Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Bei der Durchsuchung der Wohnung der 57-Jährigen fiel den Einsatzkräften auf, dass auch der Impfpass des Ehemannes Fälschungsmerkmale aufwies. Auch gegen ihn wird nun ermittelt. Die vier Frauen sind inzwischen nicht mehr in dem Krankenhaus beschäftigt. Kurz nach Bekanntwerden des gefälschten Impfpasses ließ sich die 43-Jährige in dem Krankenhaus zudem gegen das Coronavirus impfen.
Dass die Nutzung von gefälschten Impfpässen oder unrichtiger Gesundheitszeugnisse keine Kavaliersdelikte sind, zeigen die Fälle von zwei Tätern, die in beschleunigten Verfahren jeweils zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt wurden. Im Rahmen einer Kontrolle im Bereich Linden-Nord war Beamten Anfang Februar dieses Jahres ein gefälschter Impfpass eines 24-Jährigen aufgefallen. In einem beschleunigten Verfahren wurde er zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt.
Wegen des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse wurde bereits im Januar dieses Jahres eine 59-Jährige im einem Verfahren zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Die Inhaberin eines Friseurgeschäfts war zweimal mit einem unrichtigen Attest, das sie von der Tragepflicht einer Mund-Nase-Bedeckung befreite, entdeckt worden.
Zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 70 Euro wurde im Januar eine zur Tatzeit 26 Jahre alte Arzthelferin aus einer Praxis im Bereich Langenhagen verurteilt. Sie hatte für den Lebensgefährten einer Bekannten aus Gefälligkeit falsche Eintragungen in einem Impfpass vorgenommen. Der gefälschte Impfpass des 25-Jährigen fiel Ende vergangenen Jahres Bundespolizisten am Flughafen Hannover-Langenhagen bei der Einreise auf. Auch gegen den Mann wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Hintergrund:
Immer wieder erhält die Polizeidirektion Hannover aufgrund von Hinweisen beziehungsweise eigenen Ermittlungen Kenntnis von Fälschungen im Zusammenhang mit Impfdokumenten. Seit 2021 wurden entsprechende Straftaten im mittleren dreistelligen Bereich bekannt und Verfahren eingeleitet. Zu einem großen Teil fallen Fälschungen im Bereich der Apotheken auf, in denen die Nachweise digitalisiert werden sollen. Zuletzt registrierte die Polizei auch bei Kontrollen in Gewerbe- und gastronomischen Einrichtungen gefälschte Impfdokumente.
Nach Einschätzung der Polizeidirektion Hannover deutet vieles darauf hin, dass die gefälschten Dokumente vorwiegend aus kommerziellen Angeboten stammen und eher selten selbst angefertigt werden. Dabei ist der Impfausweis an sich echt, jedoch die Eintragungen falsch oder gefälscht.
Die Staatsanwaltschaft Hannover und die Polizeidirektion Hannover weisen darauf hin, dass es sich beim Fälschen von amtlichen Dokumenten nicht etwa um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um eine Straftat handelt, für die eine empfindliche Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren droht. Abhängig von der Höhe der Tagessätze kann auch eine Vorstrafe und damit eine Eintragung im jeweiligen Führungszeugnis drohen. Auch der Versuch der Urkundenfälschung ist bereits strafbar. Darüber hinaus bringen die Täter bei der Nutzung gefälschter Impfdokumente Dritte womöglich in erhebliche Gefahr. So nehmen die vermeintlich geimpften Täter billigend in Kauf, vulnerable Gruppen und auch andere Personen anzustecken. Dadurch stellt ihr Verhalten eine gesamtgesellschaftliche Gefahr dar.
Dies ist eine gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hannover und der Polizeidirektion Hannover. /ram, bo
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