Permanenter Kontrolldruck schwächt Dortmunder Neonazi-Szene – zahlreiche Haftstrafen, sinkende Straftaten, gesellschaftliche Isolierung Polizeipräsident: „Wachsamkeit bleibt oberstes Gebot“

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Lfd. Nr.: 0603

Erst vor wenigen Tagen (4. Juni) ist der Bundesvorsitzende der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremistischen Partei "Die Rechte" mit Sitz in Dortmund, Sascha Krolzig, vom Landgericht in einem Berufungsverfahren zu einer Haftstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Er steht damit in einer Reihe mit weiteren Funktionsträgern und Mitgliedern der Partei wie z. B. Christoph D. und Matthias D., die jüngst ebenfalls eine Haft antreten mussten. Zahlreiche weitere Protagonisten der Dortmunder Neonazi-Szene wie Steven F. oder Robin Z. sind ebenfalls bereits inhaftiert oder warten auf ihren Haftantritt. Darüber hinaus werden in nächster Zeit noch einige laufende Strafverfahren zum Abschluss kommen.

Polizeipräsident Gregor Lange: "Ich habe 2015 beim Staatsschutz Dortmund dauerhaft eine Sonderkommission (SoKo) Rechts eingerichtet, um einen permanent hohen Ermittlungs- und Strafverfolgungsdruck auf eine etablierte, aggressive und gewaltbereite Neonazi-Szene auszuüben. Auch als Versammlungsbehörde schöpfen wir aktiv unsere rechtsstaatlichen Mittel aus, um die demokratisch gesinnte Bevölkerung vor rechtsextremistischen Gefahren, Volksverhetzungen, antisemitischen und rassistischen Parolen oder Übergriffen zu schützen. Dabei scheuen wir auch keine gerichtlichen Auseinandersetzungen. Wir sehen jetzt, dass unser langer Atem und unsere Null-Toleranz-Strategie Früchte tragen."

In Dortmund ist die Gesamtzahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten im vergangenen Jahr abermals deutlich gesunken - und zwar von 253 (2018) auf 189 (2019). Das entspricht einem Rückgang um 64 Taten oder 25,3 Prozent. Vergleicht man die vergangenen fünf Jahre fällt das Minus sogar noch deutlicher aus: 189 Fälle in 2019 im Vergleich zu 441 in 2015 stellen einen Rückgang von 57,1 Prozent, also um mehr als die Hälfte, dar.

Bei den für die Sicherheit der Menschen besonders relevanten rechtsextremistischen Gewaltdelikten sieht die Entwicklung noch besser aus: Die Zahl sank von 31 Taten (2018) auf 10 Taten (2019) und damit um 21 Fälle oder 67,7 Prozent. 80 Prozent Rückgang sind es sogar im Fünf-Jahres-Vergleich seit 2015 (50 Taten).

Dieser Trend liegt deutlich über dem Landestrend und steht im Gegensatz zu den deutlich steigenden Zahlen auf Bundesebene. Ein Minus steht in Dortmund auch bei den antisemitischen Straftaten, die von 34 auf 14 zurückgingen.

Mit Erklärung vom 27. Mai 2020 hat die Neonazi-Gruppierung "Aktionsgruppe Dortmund-West" öffentlich ihre Auflösung bekannt gegeben. Die Dortmunder Polizei bewertet diese Auflösungserklärung vorerst nicht, sondern wird im Austausch mit dem Verfassungsschutz die weitere Entwicklung sehr genau beobachten.

Der Chef des Dortmunder Staatsschutzes Karsten Plenker: "Akribische Ermittlungen mit klarer Schwerpunktsetzung und Ausdauer, eine qualitätsorientierte Beweis- und Spurensicherung sowie ein hartnäckiges und direktionsübergreifendes Vorgehen zahlen sich am Ende aus. Es ist uns gelungen, die Dortmunder Neonazi-Szene aus der Anonymität zu holen und sie kleinteilig bei Regelübertretungen und Straftaten zu stellen."

Wie NRW-Innenminister Herbert Reul warnt die Dortmunder Polizei allerdings eindringlich vor ansteigenden bundes- und landesweiten Gefahren, die in einer Entgrenzung zwischen rechtsextremistischen Szenen und der Mitte der Gesellschaft liegen. Sehr deutlich warnt der aktuelle Verfassungsschutzbericht vor Mischszenen (Rechtsextremisten, Hooligans, Rocker, Bürger aus der gesellschaftlichen Mitte), die sich in einigen Städten zu Bürgerwehren zusammengeschlossen haben. Gregor Lange: "Neonazis und Rechtsextremisten versuchen mit Stimmungsmache zu aktuellen politischen Herausforderungen wie dem Flüchtlingsthema oder der 'Corona-Krise' das gesellschaftliche Klima zu vergiften, um anschlussfähig zu werden für die Mitte. Die Dortmunder Bevölkerung hat das Entstehen entsprechender Mischszenen aus bürgerlichen Kreisen, Hooligans, Neonazis und Verschwörungstheoretikern bisher nicht zugelassen. So hat die rechte Szene als isolierte Minderheit in Dortmund in den letzten Jahren keinerlei Chance auf Anschlussfähigkeit. Wie groß die Gefahren durch Stimmungsmache und die Verbreitung von Verschwörungstheorien über Social Media und das Internet sind, wissen wir nicht erst seit den furchtbaren antisemitischen und rassistischen Anschlägen in Halle und Hanau. Wir sind gewarnt. Deshalb sind Wachsamkeit und Entschlossenheit weiter das oberste Gebot."

Abschließend wirft der Polizeipräsident auch einen Blick auf die Gesamtheit der politisch motivierten Straftaten - und kann eine durchweg positive Entwicklung feststellen. "Ein Rückgang der Politisch Motivierten Kriminalität gesamt um rund ein Viertel - und damit auch hier ein weitaus stärkerer positiver Trend als im gesamten Land: Das ist ein starkes Zeichen für unsere Stadt", so Gregor Lange. Um 25,6 Prozent sanken die Gesamtzahlen von 379 in 2018 auf 282 in 2019.

Dominierend sind sowohl unter den Gesamtzahlen als auch unter den rechtsextremistischen Taten die Verstöße gegen §§ 86 und 86a StGB: 160 und damit 43,3 Prozent aller Delikte waren es 2019 gesamt (2018: 128), 123 davon rechtsmotiviert (2018:109). Weitere Schwerpunkte unter den Gesamtzahlen: Sachbeschädigungen (2019: 32, 2018: 35), Beleidigungen (2019: 26, 2018: 49) und Volksverhetzungen (2019: 22, 2018: 47). "Spitzenreiter" unter den linksmotivierten Taten waren mit 18 (2018: 6) die Sachbeschädigungen.

Auch hier sind in Dortmund deutliche Rückgänge zu verzeichnen: 43 linksextremistisch motivierte Straftaten stehen für 2019 in der Statistik - und damit 15,7 Prozent weniger als im Vorjahr (51). Bei den Gewalttaten waren es 11 statt 17 Taten - minus 35,3 Prozent. 83,7 Prozent Rückgang sind es bei den auslandsbezogenen Straftaten (2019: 7, 2018: 43 - davon Gewalttaten 2019: 1, 2018: 16), 100 Prozent bei den religiös motivierten (von 2 in 2018 auf 0 in 2019, keine Gewalttaten).

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