Bekämpfung Rechtsextremismus auch im 1. Halbjahr 2020 Schwerpunkt bei Politisch motivierter Kriminalität

Im ersten Halbjahr 2020 bildete die Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) und insbesondere des Rechtsextremismus einen Schwerpunkt polizeilichen Handelns. Die gemeldeten Zahlen der PMK sind allerdings noch vorläufig und es können sich während der Ermittlungen und im Jahresverlauf Detaileinschätzungen noch ändern. Außerdem wirkte sich auch die Corona-Situation auf die Lage aus. Zum einen entwickelte sich wegen der erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ein ausgeprägtes Demonstrationsgeschehen, das zwischenzeitlich jedoch zurückgeht. Im Zusammenhang mit demonstrativen Ereignissen konnte beobachtet werden, dass innerhalb der rechtsextremen Szene vermehrt versucht wird, die bürgerlichen Veranstaltungen für eigene Interessen zu instrumentalisieren. Eine Zunahme der Fallzahlen PMK-Rechts kann mit Fortdauer und Intensität der Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor dem Corona-Virus nicht ausgeschlossen werden, insbesondere hinsichtlich einer Intensivierung rechtsextremer Propaganda und Hassreden. Die Gesamtthematik Corona und die damit einhergehenden Beschränkungen wurden auch in der linken Szene aufgegriffen. Dort besteht vorrangig die Befürchtung, der Staat etabliere unter dem Vorwand der aktuellen Pandemie als repressive Maßnahmen empfundene Beschränkungen, die auch nach Überwindung der Krise weiterhin Bestand haben.

Zum anderen konnte die Landespolizei, auch unter coronabedingten Einschränkungen, wirkungsvoll die Politisch motivierte Kriminalität im 1. Halbjahr 2020 bekämpfen. Ausdruck dafür waren u.a. die erhöhte Anzahl aufgeklärter Fälle sowie die länderübergreifenden Durchsuchungsmaßnahmen.

Eckdaten im Überblick:

   -	Rückgang der Gesamtfallzahlen Politisch motivierter Kriminalität
von 723 Delikten auf 602 	Delikte (- 20,1%), jedoch leichter Anstieg
der PMK-Rechts 
   -	Rückgang der Gewaltdelikte in fast allen 	Phänomenbereichen von
42 Delikten auf 30 Delikte (- 40%) 
   -	Zunahme der Angriffe auf Parteibüros 
   -	Anstieg von antisemitischen Straftaten 
   -	Anstieg von fremdenfeindlichen Straftaten 

Fallentwicklung

Im 1. Halbjahr 2020 wurden nach der vorläufigen Statistik insgesamt 602 Straftaten im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität erfasst. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit insgesamt 723 Fällen ist damit ein Rückgang um 121 Delikte zu verzeichnen. Dabei entfielen auf den Bereich der PMK-Rechts 445 Fälle (2019: 434 Fälle), auf den Bereich der PMK-Links 88 Fälle (2019: 164 Fälle), auf den Bereich der PMK-Religiöse Ideologie 2 Fälle (2019: drei Fälle) und auf den Bereich der PMK-Ausländische Ideologie 6 Fälle (2019: 1 Fall).

Bezogen auf die Fallzahlen in den Bereichen der PMK-Religiöse Ideologie sowie PMK-Ausländische Ideologie ist anzumerken, dass sich diese nur auf die in Mecklenburg-Vorpommern begangenen Straftaten beziehen. Nicht erfasst sind hingegen im Ausland begangene Straftaten. Hierzu zählen insbesondere Ermittlungsverfahren nach §129 a, b StGB (Mitgliedschaft einer ausländischen terroristischen Vereinigung) oder Verbrechen gegen das Völkerstrafgesetzbuch, die durch das LKA MV bearbeitet werden.

61 Fälle (2019: 121 Fälle) konnten keinem Phänomenbereich eindeutig zugeordnet werden. In der Gesamtzahl der Fälle sind 330 (54,8%) Propagandadelikte enthalten (2019: 326 Fälle, 45,1%). Dabei handelt es sich um Propagandadelikte, die insbesondere durch das Schmieren von Parolen oder Hakenkreuzen oder durch Veröffentlichungen im Internet begangen wurden.

Insgesamt 30 aller gemeldeten Fälle der Politisch motivierten Kriminalität und damit 4,98% sind der politisch motivierten Gewaltkriminalität zuzuordnen.

Aufklärungsquote

Die polizeiliche Aufklärungsleistung gilt als wichtiger Maßstab für die Bewertung und letztendlich den Erfolg der Polizeiarbeit. Die Aufklärungsquote im 1. Halbjahr 2020 betrug 45,2%. Dies entspricht 272 aufgeklärten Fällen. 2019 waren es 266 Fälle (36,8%).

Gewaltdelikte

Mit bislang 30 politisch motivierten Gewaltdelikten im 1. Halbjahr 2020 ist gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 mit 42 Fällen ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen zu erkennen. Bei diesen Delikten handelt es sich überwiegend um Körperverletzungen, Brandstiftungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbrüche. Die 30 Straftaten verteilen sich auf die 5 Phänomenbereiche wie folgt:

PMK-Rechts 19 (2019:23) Gewaltstraftaten

PMK-Links 4 (2019:12) Gewaltstraftaten

PMK-Religiöse Ideologie keine Gewaltstraftaten

PMK-Ausländische Ideologie 3 (2019:0) Gewaltstraftaten

PMK-Nicht zuzuordnen 4 (2019:7) Gewaltstraftaten.

Die Aufklärungsquote liegt bei 73,3% in diesem Bereich.

Zunahme Antisemitismus

Die Fallzahlen zu antisemitischen Straftaten haben sich im 1. Halbjahr 2020 deutlich erhöht. Es wurden insgesamt 34 antisemitische Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern registriert, 2019 waren es 18 Straftaten. 33 Straftaten waren dabei der PMK-Rechts zuzuordnen und eine Straftat der PMK-Religiöse Ideologie (2019: 17 PMK-Rechts und eine PMK-Religiöse Ideologie).

Fremdenfeindliche Straftaten

Für das 1. Halbjahr wurden 105 Fälle (2019: 92 Fälle) registriert. Den größten Anteil nimmt dabei der Phänomenbereich PMK-Rechts mit 96 Fällen (2019: 87 Fälle) ein.

Angriffe auf Parteibüros

Im 1. Halbjahr 2020 ist es zu einer Zunahme der Angriffe auf Parteibüros mit 21 Fällen (2019:17 Fälle) gekommen. Hauptangriffsziel waren Parteibüros der AfD.

Anstieg Tatmittel Internet

Es wurden 77 Fälle mit dem Tatmittel Internet, einschließlich sozialer Netzwerke, für das 1. Halbjahr 2020 registriert (2019: 82 Fälle). Es wurden 59 Fälle PMK-Rechts, 6 Fälle PMK-Links, ein Fall der Religiösen Ideologie und 11 Fälle PMK-Sonstige/Nicht zuzuordnen registriert.

Von den 77 Fällen sind 25 Fälle dem Bereich "Hassposting" zuzurechnen. Neben diesen polizeilich bekannt gewordenen Straftaten ist jedoch von einem hohen Dunkelfeld weiterer Straftaten auszugehen.

Innenminister Lorenz Caffier: "Wir alle beobachten, dass insbesondere in sozialen Medien längst nicht nur ein rauer Ton herrscht, sondern unter dem Deckmantel der Anonymität Hass gesät wird. Und uns muss bewusst sein, dass Worte irgendwann auch in Taten umschlagen können. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Wir müssen es unseren Ermittlungsbehörden leichter ermöglichen, an die Täter heranzukommen. Deshalb setze ich mich nach wie vor für Änderungen am "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" ein. Wir brauchen eine leichtere Identifizierbarkeit, um gegen Beleidigungen und Hass vorzugehen. Soziale Medien wie Facebook oder Twitter sind das Eine. Aber Kommunikation jeder Form, darunter eben auch Hass, findet immer öfter auf Plattformen außerhalb dieser Anbieter statt, z.B. auf Spieleplattformen. Deshalb müssen diese Regeln auch dort gelten."

Rückgang Angriffe auf Asylbewerberunterkünften/ dezentrale Unterkünfte

Erfreulich ist, dass in diesem Halbjahr keine Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte registriert wurden. (2019: 5 Fälle).

Exekutive Maßnahmen

Im Rahmen der Bekämpfung der PMK-Rechts wurden in Kooperation der Polizeipräsidien mit dem LKA in diesem Jahr bereits umfangreiche Verfahren geführt und Exekutivmaßnahmen auf dem Gebiet des Strafrechts sowie des Gefahrenabwehrrechts umgesetzt. So war das LKA MV bei dem bundesweiten Vollzug des vom BMI erlassenen Vereinsverbot von "Combat 18 Deutschland" mit Durchsuchungsmaßnahmen beteiligt. Daneben wurden erst im Juli 2020 Durchsuchungsmaßnahmen in mehreren Verfahren gegen Personen der PMK-Rechts in MV durchgeführt, teilweise in Kooperation mit anderen Bundesländern oder Bundesbehörden.

Neben dem Schwerpunkt im Bereich der PMK-Rechts hat die Landespolizei auch im Kampf gegen den islamistischen Extremismus umfangreiche Ermittlungen und Exekutivmaßnahmen zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr ergriffen.

Aufgrund der Vernetzung und konspirativen Vorgehensweise der politisch motivierten Täter und Tätergruppierungen ist gerade in diesem Themenbereich eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden und Institutionen von Bedeutung, um Anschlags- oder Straftatenvorbereitungen frühzeitig festzustellen und somit schwerste Straftaten zu verhindern.

Die Fallzahlen wurden zum Erhebungsstichtag 02.07.2020 dargestellt und geben Meldungen für den Tatzeitraum vom 01.01.2020 bis zum 30.06.2020 wieder. Sie können sich aufgrund von Nachmeldungen noch verändern.

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