477 Fahrzeuge kontrolliert / 4 vorläufige Festnahmen in Hessen // Dritte länderübergreifende Fahndungs- und Kontrollaktion: Gemeinsam gegen Geldautomatensprengungen
Heute (27.09.) endeten in den frühen Morgenstunden erneut länderübergreifende Kontrollaktionen der Polizeibehörden zur Bekämpfung der Geldautomatensprengungen. Koordiniert durch das Landeskriminalamt Niedersachsen hat sich bei der dritten Fahndungs- und Kontrollaktion dieser Art neben Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen auch Hessen wieder beteiligt. Darüber hinaus hat sich die Bundespolizei Hannover, Koblenz und St. Augustin der Kontrollaktion angeschlossen. Seit Sonntag, den 24.09., waren unter anderem in besonders gefährdeten Bereichen verstärkt Polizeistreifen aber auch zivile Kräfte im Einsatz.
Länderübergreifende Interessensgemeinschaft gegen Geldautomatensprengungen (LIGA)
Die Sprengung eines Geldautomaten birgt immense Gefahren für die
Bürgerinnen und Bürger, weil die Täter zumeist festen Explosivstoff einsetzen und
sowohl bei der Ausführung der Tat als auch bei der Flucht besonders skrupel- und rücksichtlos vorgehen. Aus diesem Grund haben sich
im Dezember 2022 mehrere Bundesländer in einer Interessengemeinschaft (LIGA) zusammengeschlossen, um diesem Kriminalitätsphänomen entschlossen
entgegenzutreten. Dabei verfolgte auch die hessische Polizei bei dieser Aktion das Ziel, durch starke Polizeipräsenz und zielgerichtete offene sowie verdeckte Maßnahmen potentielle Tätergruppen von einer möglichen Tatausführung abzuhalten.
"Der Kampf gegen Geldautomatensprenger hat in Hessen weiter höchste Priorität. Um dieses grenzüberschreitendes Kriminalitätsphänomen und seine organisierten Strukturen nachhaltig einzudämmen, halten wir den Druck hoch und an gemeinsamen Kontrollaktionen fest. Die Bekämpfung von Geldautomatensprengern ist nur gemeinsam mit starken Partnern aus Polizei, Justiz sowie der Banken- und Kreditwirtschaft in den Griff zu bekommen. Daher ist es wichtig, auf allen Ebenen kontinuierlich zusammenzuarbeiten, Informationen auszutauschen und an einem Strang zu ziehen. Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich mit hohem Engagement jeden Tag dieser Aufgabe widmen", sagt Innenminister Peter Beuth.
Einsatz- und Schwerpunktmaßnahmen in Hessen
Die hessische Polizei führt regelmäßig Einsatz- und Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung von Geldautomatensprengungen durch. Im gesamten Monat September wurden diese Maßnahmen noch einmal intensiviert. In der Zeit vom 24. bis 27.09.2023 wurden in Hessen vorrangig verdeckte Maßnahmen durchgeführt und Geldautomaten, die zuvor einer Risikoanalyse unterzogen wurden, bestreift.
Insgesamt wurden mehr als 470 Fahrzeuge und über 550 Personen kontrolliert. Im Zuge dieser Kontrollen wurden insgesamt 4 Personen vorläufig festgenommen. Die Festnahmen erfolgten unter anderem wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie das Waffengesetz. Des Weiteren konnten bei den Kontrollen Rauschgift und Gegenstände, die als Waffen gelten, aufgefunden und sichergestellt werden. Elf Strafanzeigen wurden eingeleitet. Insgesamt waren 290 Kräfte der hessischen Polizei im Einsatz.
Zuletzt ist es in einem gemeinsamen Ermittlungskomplex der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main und des Hessischen Landeskriminalamtes gelungen, einen mutmaßlichen Logistiker zu identifizieren und vorläufig festzunehmen sowie zwei seiner Kontaktpersonen (27 und 29 Jahre) in Untersuchungshaft zu bringen. Der 24-jährige Beschuldigte soll eine Tätergruppe unterstützt und unter anderem im Raum Frankfurt Unterstellmöglichkeiten für Fluchtfahrzeuge und für Sprengungen geeignete Geldautomaten gesucht zu haben. Im Zuge der weiteren Ermittlungen wurden insgesamt sechs Wohnungen durchsucht. Hier konnten über vier Kilogramm Rauschgift (Heroin) und circa 16.000 Euro Bargeld aufgefunden und sichergestellt werden.
Andreas Röhrig, Präsident Hessisches Landeskriminalamt: "Wir werden auch künftig alles daransetzen, es den Tätern so schwer wie möglich zu machen. Durch die intensive Zusammenarbeit und gewonnenen Erkenntnisse können wir nicht nur unsere Einsatz- und Fahndungskonzeptionen weiter optimieren, es gelingen auch bedeutende Ermittlungserfolge wie jüngst in Frankfurt. Auch dass immer mehr Banken- und Kreditinstitute investieren und die Präventionselemente umsetzen, ist ein wichtiger Baustein, um den Geldautomatensprengern Einhalt zu gebieten."
Bundesweit ist die Anzahl der Geldautomatensprengungen gestiegen: 496 Taten weist das deutschlandweite Lagebild des Bundeskriminalamtes (BKA) im Jahr 2022 aus. Auch im Jahr 2023 setzt sich dieser Trend fort. Die Täter gehen sowohl bei der Tatbegehung als auch bei der Flucht rücksichts- und skrupellos vor. In nahezu allen Fällen verwenden sie Festsprengstoff. Dadurch entstehen nicht nur hohe Sachschäden, vor allem sind auch Menschenleben gefährdet.
Hintergrundinformationen:
Den meist überörtlichen Täter, die mit hochmotorisierten Fahrzeugen die Taten begehen, kommt es vordergründig darauf an, schnell und unkompliziert die Tatorte anzufahren und nach der Tat zu flüchten. Ein lokaler oder regionaler Schwerpunkt der Tatbegehungen innerhalb von Hessen lässt sich nicht ableiten. Von den Geldautomatensprengungen waren in der Vergangenheit alle sieben hessischen Polizeipräsidien betroffen.
Im Jahr 2023 sind bis zum Stichtag 30.08.2023 insgesamt 37 Sprengungen von Geldautomaten in Hessen erfolgt. Der Gesamtschaden beläuft sich aktuell auf ca. 10,6 Millionen Euro. Davon sind ca. 6,8 Millionen Euro Sachschäden. Die Schadenssumme des Stehlguts beläuft sich auf ca. 3,8 Millionen Euro.
Um dem Phänomen aus polizeilicher Sicht adäquat zu begegnen, wurde in Hessen bereits 2019 eine eigens zur Bekämpfung von Geldautomatensprengungen eingerichtete Ermittlungsgruppe eingerichtet. Nach dem weiteren Anstieg von Sprengungen in Hessen, wurden die Bemühungen durch die Gründung einer sog. "Besonderen Aufbauorganisation (BAO effectus)" im HLKA mit sieben Regionalabschnitten in den hessischen Polizeipräsidien nochmals deutlich intensiviert. Darüber hinaus werden in Hessen Ermittlungsverfahren wegen Geldautomatensprengungen zentral bei der Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Frankfurt am Main bearbeitet.
Durch intensive Ermittlungen ist es seither dem HLKA und den Polizeipräsidien gelungen, insgesamt mehr als 70 Tatverdächtige zu ermitteln. Über 20 Personen konnten bislang rechtskräftig verurteilt werden. Das vom HLKA entwickelte Analysetool "GLB-operativ" hat sich in der Praxis bewährt. Hiermit können Geldautomaten und Standorte bewertet und eine Wahrscheinlichkeitsprognose zu einer möglichen Sprengung abgegeben werden.
Im Mai 2022 wurde ergänzend die bundesweit einmalige Präventionsinitiative "ALLIANZ GELDAUTOMATEN" durch das Hessische Innenministerium und Banken gegründet, die in Wiesbaden mit einer Gründungsurkunde besiegelt wurde.
Rückfragen bitte an:
Hessisches Landeskriminalamt
Virginie Wegner
Telefon: 0611/83-8310
E-Mail: kommunikation.hlka@polizei.hessen.de