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Konstanz (ots) -
Viel Licht, aber auch Schatten bei der Kriminalitätsentwicklung 2017 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz (Landkreise Konstanz, Ravensburg, Sigmaringen und Bodenseekreis)
" Nahezu konstant geblieben sind im vergangenen Jahr die erfassten Straftaten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz und haben mit 47.624 (Vorjahr: 47.720) Delikten nur einen geringfügigen Rückgang um 0,2 Prozent erfahren", stellt Polizeivizepräsident Gerold Sigg am heutigen Donnerstag bei der Bekanntgabe der Polizeilichen Kriminalstatistik 2017 fest.
Bereinigt um die Delikte nach dem Ausländerrecht, die ohnehin nur von Ausländern begangen werden können (z.B. fehlende Ausweispapiere bei der Einreise), sei im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls ein Rückgang der Straftaten um 0,2 Prozent zu erkennen, erläutert Sigg. In der Langzeitbetrachtung seien die Fallzahlen in Relation zum 10-Jahres-Mittelwert um 1,4 Prozent rückläufig, so der kommissarische Polizeichef weiter. Während von den Organisationseinheiten des Polizeipräsidiums 42.609 (43.380) Straftaten bearbeitet worden seien, schlage der Anteil von anderen Dienststellen, insbesondere der Bundespolizei und des Zolls, mit 10,5 (9,0) Prozent an den gesamten Fallzahlen zu Buche.
"Wir liegen zwar insgesamt mit der Häufigkeitszahl (diese stellt das auf 100.000 Einwohner hochgerechnete Verhältnis der verübten Straftaten zur Einwohnerzahl dar und ermöglicht so einen Vergleich der Kriminalitätsbelastung unterschiedlich dicht besiedelter Regionen) von 5.250 unter dem Landesdurchschnitt von 5.295, haben aber durchaus unterschiedliche Entwicklungen in den vier Landkreisen zu verzeichnen", bilanziert der Polizeivizepräsident. Während im Konstanzer Kreisgebiet sowie im Landkreis Ravensburg und im Bodenseekreis ein teilweise deutlicher Rückgang bei der Kriminalitätsbelastung festzustellen sei, treffe dies insbesondere für den Landkreis Sigmaringen nicht zu, so der Polizeichef weiter. Auch hier bereinigt um die ausländerrechtlichen Delikte, sei insbesondere in Sigmaringen selbst ein Anstieg von über zehn Prozent zu verzeichnen.
Aufklärungsquote ein weiteres Mal gesteigert
Erfreut zeigt sich der derzeitige Leiter des Polizeipräsidiums über die erneut gesteigerte Aufklärungsquote. "Mit nahezu 65 Prozent konnte diese gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Prozent auf genau 64,9 Prozent bei den Gesamtstraftaten erhöht werden und liegt damit um 2,5 Prozent über dem Landesdurchschnitt", so Sigg weiter.
Die Aufklärungsquote bei den Straftaten ohne Ausländerrecht hat sich im Präsidiumsbereich ebenfalls um 1,8 auf 62,8 Prozent verbessert. Anstiege seien insbesondere im Landkreis Konstanz mit einer Aufklärungsquote von 62,8 (+3,1) Prozent und Bodenseekreis mit 62,9 (+2,3) Prozent zu verzeichnen, so der Polizeivizepräsident weiter.
Entwicklung und Struktur der Tatverdächtigen
Die verbesserte Aufklärungsquote mache sich auch bei den ermittelten Tatverdächtigen bemerkbar, so Sigg. Mit 19.453 (19.203) erfassten Tatverdächtigen (ohne ausländer-rechtliche Delikte) sei deren Zahl um 1,3 Prozent gestiegen. Die größte Abweichung sei dabei im Bodenseekreis festzustellen, wo nach einem Rückgang im Vorjahr um nahezu fünf Prozent jetzt ein Anstieg der Tatverdächtigen um 6,2 Prozent zu verzeichnen sei. Diese Entwicklung treffe auch auf die Tatverdächtigen unter 21 Jahren zu, führt der Polizeichef weiter aus. Außer im Landkreis Ravensburg sei der Anteil der Jungtäter in den anderen drei Landkreisen zum Teil deutlich angewachsen.
Bei der Straßenkriminalität habe der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden - außer im Landkreis Sigmaringen - einen Rückgang erfahren, der mit 7,5 Prozent im Bodenseekreis am deutlichsten ausfiel. Während bei den Rohheitsdelikten der Anteil der unter 21-Jährigen mit knapp 20 Prozent nahezu unverändert geblieben sei, setze sich bei der Rauschgiftkriminalität der Trend der letzten Jahre mit einem Anstieg der ermittelten Jungtäter fort. Im Bereich der Konsumdelikte seien steigende Zahlen in den Landkreisen Konstanz und Ravensburg, dagegen Rückgänge im Bodenseekreis und im Landkreis Sigmaringen festzustellen, so Sigg. Beim Konsumdelikt mit Amphetaminen/Ecstasy liege der Anteil der tatverdächtigen Jugendlichen und Heranwachsenden zum Teil deutlich über 50 Prozent, im Landkreis Konstanz sogar bei etwa 60 Prozent, was sicherlich mit der Einrichtung der im Jahr 2017 erfolgten Einrichtung der Ermittlungsgruppe Rauschgift beim Polizeirevier Konstanz zusammenhänge, erläutert der kommissarische Leiter des Polizeipräsidiums mit dem Hinweis auf die sogenannte Holkriminalität.
"Während landesweit die registrierten Straftaten durch tatverdächtige Flüchtlinge zurückgegangen sind, müssen wir - außer im Landkreis Konstanz - in allen Kreisgebieten einen Anstieg von Straftaten unter Beteiligung von Asylbewerbern feststellen, der am deutlichsten im Landkreis Sigmaringen ausfällt", konstatiert Sigg mit Besorgnis. Mit dieser Entwicklung korreliere auch die Zunahme des Anteils der nichtdeutschen Tatverdächtigen an den Tatverdächtigen insgesamt von 6.198 auf 6.519 (5,2 Prozent) - wenn, wie bei der Straftatenentwicklung auch, bei der Betrachtung der Tatverdächtigen die Delikte ohne ausländerrechtliche Verstöße zugrunde gelegt werden -, so der Polizeichef weiter. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger liege bei 33,5 (32,3) Prozent, der Anteil der Flüchtlinge betrage 29,9 (minus 1,4) Prozent. Der Anteil der Flüchtlinge an den Gesamttatverdächtigen liege nach wie vor bei 10 Prozent.
Betrachtung einzelner Deliktsbereiche
Gewaltkriminalität "Mit 30 von der Kriminalpolizei bearbeiteten versuchten und vollendeten Tötungsde-likten sind diese Fälle von 36 auf 30 zurückgegangen", sagt Sigg und weist darauf hin, dass nicht nur bei diesen Straftaten, sondern auch bei den Rohheitsdelikten (Raub, Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Bedrohung) insgesamt ein leichter Rückgang um 2,2 Prozent im Präsidiumsbereich zu verzeichnen sei. Im Bodenseekreis und im Landkreis Sigmaringen seien dagegen Zunahmen festzustellen.
Neben einem Totschlagsdelikt Ende Februar 2017 in Mühlingen-Zoznegg - ein 41-Jähriger erstickte seine Freundin im Streit - und dem Tötungsdelikt vor dem Lokal "Pasha of Dubai in Konstanz Mitte März des vergangenen Jahres, bei dem ein 19-jähriger Schweizer Staatsangehöriger an den Folgen eines Messerstiches verstarb, sorgte wohl für das größte öffentliche Interesse das Tatgeschehen in und bei der Konstanzer Diskothek Grey, wo ein 34-jähriger irakischer Staatsangehöriger mit einem Sturmgewehr M 16 um sich schoss, einen Türsteher dabei tödlich und mehrere Personen schwer verletzte. Aber auch die versuchte Erpressung von Lebensmittelunternehmen durch einen 55-Jährigen mit vergifteter Baby-Nahrung wird als herausragende Straftat in Erinnerung bleiben. Bei allen dieser Kapitaldelikte habe sich, so der Polizeivizepräsident, die akribische und umfängliche Ermittlungsarbeit der jeweils schnell eingerichteten Sonderkommissionen bestens bewährt. Einmal mehr sei die Aufklärungsquote bei den Tötungsdelikten bei nahezu 100 Prozent gelegen, stellt Sigg fest.
"Bei den Rohheitsdelikten sind nicht nur die Raubdelikte von 213 auf 188 Straftaten im Präsidiumsbereich, sondern auch die Körperverletzungsdelikte um 1,4 Prozent zurückgegangen", bilanziert der Polizeichef. Diese Entwicklung sei nahezu in allen Städten festzustellen, Sigmaringen falle jedoch auch hier aus dem Rahmen. Der dortige Anstieg der Körperverletzungsdelikte um nahezu 40 Prozent trübe den allgemein positiven Trend im Präsidiumsbereich, stellt Sigg fest. Hervorzuheben sei jedoch die Aufklärungsquote bei den Raubstraftaten, die von zuletzt 47,4 auf 66 Prozent deutlich gesteigert werden konnte.
Erfreulich sei auch die Entwicklung bei Gewaltdelikten gegen Polizeibeamte. Nach einem starken Anstieg der Fallzahlen in den zurückliegenden Jahren seien diese um 45 auf 408 Straftaten (minus 9,9 Prozent) zurückgegangen.
"Die Zahl der Sexualdelikte hat insgesamt um 10 auf 527 Fälle zugenommen, wobei die leichten Anstiege im Bodenseekreis (+28) und im Landkreis Konstanz (+13) zu verzeichnen sind", erläutert Sigg.
Um über 800 Fälle und damit um 5,2 Prozent seien die Diebstahlsdelikte, die rund ein Drittel aller Straftaten ausmachen, auf 15.088 zurückgegangen. Diese Entwicklung treffe auch auf den schweren Diebstahl und damit auch den Einbruchsdiebstahl zu, so der Polizeichef. Allerdings resultiere dieses Ergebnis nur aus den drei großen Landkreisen, der Landkreis Sigmaringen sei hingegen beim Diebstahl, insbesondere beim Ladendiebstahl, von einer erheblichen Fallzahlensteigerung (+20,9 Prozent) betroffen.
"Mit 539 (683) erfassten Wohnungseinbrüchen liegen die Fallzahlen im Präsidiumsbereich deutlich unter dem Niveau des Vorjahres und signifikant unter den Werten der stark belasteten Jahre 2013 und 2014", stellt Sigg erleichtert fest. Das treffe nicht nur für den in der Vergangenheit erheblich belasteten Landkreis Konstanz zu, sondern auch für den Großteil der Städte in den vier Landkreisen, so der Polizeivizepräsident. Lediglich in Überlingen, Leutkirch und Sigmaringen bewegten sich die Wohnungseinbrüche vergangenes Jahr über dem üblichen Niveau. Wenngleich die Aufklärungsquote in diesem Deliktsbereich zurückgegangen sei, so Sigg, habe die Arbeit der Ermittlungsgruppen, die sich ausschließlich mit der Einbruchsbekämpfung befassen und im ständigen Austausch mit den Schwerpunktsachbearbeitern der Polizeireviere und -posten stehen, unterstützt durch die qualifizierte Spurensicherungsarbeit, zur Klärung von 122 Wohnungseinbruch-diebstählen geführt. Dass auch die intensiven Präventionsbemühungen zu einem Rückgang der Einbruchskriminalität geführt haben, zeige deutlich die Zahl der Versuche, die zwischenzeitlich bei rund 50 Prozent liege. Im Jahr 2010 seien die Täter noch etwa in zwei Drittel aller Fälle erfolgreich gewesen, merkt der Polizeichef an.
"Einen deutlichen Anstieg um 815 auf 4.268 Fälle haben die Rauschgiftdelikte erfahren", stellt Sigg besorgt fest, was größtenteils auf die Erhellung des Dunkelfeldes durch revierübergreifende Ermittlungsgruppen, die zusammen mit der Kriminalpolizei und vor allem im Landkreis Konstanz mit dem Zoll eng zusammenarbeiten, zurückzuführen sei, erläutert der Polizeivizepräsident. Mit 2.801 (2.127) erfassten Fällen liege der Substanzschwerpunkt einmal mehr bei Cannabis. Allerdings seien auch bei den Delikten mit Amphetamin/Ecstasy mit 763 (478) Fällen deutliche Anstiege zu verzeichnen. Erst mit relativ großem Abstand folgen Verstöße mit Kokain und Heroin. Keine nennenswerte Rolle spiele im Präsidiumsbereich nach wie vor kristallines Methamphetamin (sog. Crystal Meth). Seit 2012 sei, so Sigg, ein deutlicher Anstieg bei den unter 21-jährigen Tatverdächtigen insbesondere beim Besitz/Konsum von Cannabisprodukten festzustellen. Im Vergleich zum Vorjahr seien bei den Rauschgifttoten (11) drei mehr zu beklagen gewesen, wobei alle Landkreise im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums betroffen waren. Bei den Drogenopfern habe es sich um eine weibliche und zehn männliche Personen, alles deutsche Staatsangehörige im Alter von 22 bis 59 Jahren, gehandelt. In zehn Fällen sei eine Drogenintoxikation, in einem Fall der Langzeitkonsum todesursächlich gewesen, führt der Polizeichef aus. Vor dem Hintergrund des deutlichen Anstiegs beim Besitz/Konsum von Cannabisprodukten und Amphetamin sowie der gesundheitlichen Risiken, die oft von den Konsumenten verharmlost werden, setze die Polizei neben einer konsequenten Strafverfolgung auch weiterhin auf eine umfassende Präventionsarbeit im Verbund mit den Kommunen, Schulen und Sozialeinrichtungen, unterstreicht der kommissarische Leiter des Polizeipräsidiums.
"Bei den Betrugsdelikten sind vor allem im Phänomenbereich "Falsche Polizeibeamte" die Fälle von 40 auf 72 Delikte angestiegen", sagt Sigg und verhehlt nicht, dass durch die perfide Vorgehensweise der organisierten Täter meist Seniorinnen und Senioren um Geld und Schmuck, oftmals um ihre gesamten Ersparnisse, gebracht werden. Den skrupellosen Tätern, die sich als Polizisten oder Staatsanwälte ausgeben, werde gerade deshalb Vertrauen entgegengebracht, was nach so einer Betrugsstraftat zu einen sehr großen Verunsicherung der älteren Menschen führe, so der Polizeichef.
Regional betrachtet, seien die höchsten Fallzahlen in den Landkreisen Ravensburg (30) und im Bodenseekreis (21) zu verzeichnen gewesen. Insgesamt erbeuteten die Täter mit dieser Betrugsmasche im Präsidiumsbereich nahezu eine Million Euro. Obwohl zwischenzeitlich nahezu 95 Prozent der Angerufenen den Betrugsversuch erkennen, fänden die Betrüger immer noch Opfer, die sie meist am Telefon derart raffiniert verunsichern oder verängstigen, dass diese entgegen ihren Gepflogenheiten bereit seien, Bargeld oder Wertsachen aus der Hand zu geben. Polizeivizepräsident Sigg appelliert deshalb auch daran, dieses Thema im Familienkreis aufzugreifen und über die Gefahren, finanzielle Schäden sowie psychische Belastungen, zu sprechen.
EPHK Markus Sauter, Tel. 07531 995 1010
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