Gewalt gegen Polizeibeamte nimmt weiter zu
10.09.2020, PP Oberbayern Süd
Gewalt gegen Polizeibeamte nimmt weiter zu
Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd hat die Auswertungen des Phänomenbereichs „Gewalt gegen Polizeibeamte“ für das Jahr 2019 in einem Lagebild zusammengefasst. Im Vergleich zum Jahr 2018 war im Vorjahr eine nicht unerhebliche Zunahme von 9,2 % auf 770 Fälle zu verzeichnen. Insgesamt wurden 1.853 Polizeibeamte Opfer einer solchen Straftat, was einem Anstieg von 12,4 % entspricht. Bei der Tatverdächtigenstruktur sind die Faktoren „männlich“, „deutsch“ und „alkoholisiert“ am häufigsten vertreten.
Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mit neun Landkreisen und der kreisfreien Stadt Rosenheim kam es im Jahr 2019 mit 770 Fällen von Gewalt gegen Polizeibeamte zu einem neuen Höchststand (+ 65 Fälle mehr als 2018). Während diese Straftaten bayernweit um 3,5 % auf 7.959 Fälle angestiegen sind, fiel der prozentuale Anstieg mit 9,2 % im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd nochmals höher aus. Der Großteil der in diesem Phänomenbereich erfassten Delikte waren Widerstand (217 Fälle) bzw. tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (196 Fälle), (gefährliche) Körperverletzungen (56 Fälle), Beleidigungen (260 Fälle), Gefangenenbefreiungen (5 Fälle) und Bedrohungen (33 Fälle). „Es macht mich fassungslos, dass Gewalt, tätliche Angriffe sowie verbale Bedrohungen und Beleidigungen gegen Polizeibeamte immer mehr zunehmen und schon fast zum ständigen Begleiter im Polizeidienst geworden sind. Selbst bei nichtigen Anlässen und alltäglichen Polizeieinsätzen kommt es zu Gewaltausbrüchen gegen Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen. Ich meine, es muss uns alle sehr nachdenklich machen, wenn meine Kolleginnen und Kollegen im südlichen Oberbayern inzwischen mindestens zweimal am Tag zur Zielscheibe bzw. Opfer von Respektlosigkeit, Frustration und Aggression werden. Auch der vorausgehende Konsum von Alkohol oder Drogen kann und darf hier niemals eine Entschuldigung sein. Gewalt gegen Polizeibeamte und andere Einsatzkräfte - selbst wenn diese nur aus Worten besteht – ist nicht akzeptabel und muss in unserer Wertegemeinschaft und unserem Rechtsstaat ein „no go“ bleiben! Ich begrüße daher die vom Dienstherrn zur Verfügung gestellte verbesserte Ausstattung zum Schutz unserer Polizeibeamten, wie z. B. die Body-Cam, ebenso, wie die konsequente Verfolgung dieser Straftaten durch die Staatsanwaltschaften und eine angemessene Bestrafung durch die Gerichte. Gleichzeitig würde ich mich aber auch über mehr gesamtgesellschaftliche Rückendeckung freuen, um unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten den Rücken zu stärken“ so Polizeipräsident Robert Kopp. Deutlich wird die Situation an folgendem ausgewählten Sachverhalt:Polizeibeamte wurden im Sommer letzten Jahres im Stadtgebiet von Rosenheim zu einem Streit in einer Parkanklage gerufen. Einer der Beteiligten, ein zur Tatzeit 42-jähriger alkoholisierter Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit wurde von den Beamten kontrolliert. Um weitere Sicherheitsstörungen zu verhindern, sollte der aggressive Mann von den Polizeibeamten aus der Grünanlage verwiesen werden. Davon unbeeindruckt ballte dieser die Fäuste und fuchtelte mit den Händen vor dem Gesicht eines Polizeibeamten herum. Als dies unterbunden werden sollte, versuchte der Beschuldigte den Beamten mit einem gezielten Kopfstoß zu verletzten. Der Polizeibeamte konnte gerade noch ausweichen und blieb deshalb unverletzt. Zwischenzeitlich wurde der Täter vom Gericht unter anderem wegen dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt.Im Präsidialbereich Oberbayern Süd erhöhte sich die Zahl der geschädigten Polizeibeamten im Jahr 2019 um 12,4 % auf insgesamt 1.853 (Vorjahr 1.649). Betroffen waren in 1.469 Fällen männliche Polizeibeamte, in 384 Fällen Polizeibeamtinnen. Nicht immer geht es so glimpflich für die Einsatzkräfte aus, wie im oben beschriebenen Fall: Insgesamt 200 unserer Polizeibeamten/innen wurden im letzten Jahr bei Angriffen und Tätlichkeiten verletzt und waren aufgrund dessen teilweise vorübergehend nicht mehr dienstfähig. Resultat waren insgesamt 81 Dienstausfalltage, da die Angriffe in manchen Fällen auch zu erheblicheren Verletzungen bei den Einsatzkräften geführt haben.Der vom Phänomen „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte“ am meisten betroffene polizeiliche Funktionsbereich ist der Wach- und Streifendienst mit 1.595 Fällen. Die meisten Täter sind deutsche Staatsangehörige. Bei den insgesamt 587 festgestellten Tatverdächtigen lag der Anteil der Deutschen bei 71 % (417). Bei den meisten Tätern handelte es sich um erwachsene Personen (82 %). Der Rest entfällt auf Jugendliche (6 %) und Heranwachsende (12 %). Knapp 60 % der Tatverdächtigen standen zur Tatzeit unter Alkoholeinfluss, weitere 7 % hatten vorher Rauschgift und/oder Medikamente konsumiert.