Demonstrationen in Kreuzberg und Neukölln
Die Polizei Berlin betreute gestern Nachmittag insgesamt vier Versammlungen in Kreuzberg und Neukölln, die die aktuelle Situation im Nahostkonflikt thematisierten. Bei einer fünften, während des Tages angezeigten Versammlung, eine Kundgebung an der Kreuzung Hermannplatz Ecke Hasenheide, kamen keine Personen zusammen.
Zunächst setzte sich gegen 13.20 Uhr am Hermannplatz ein Aufzug mit rund 120 Teilnehmenden in Bewegung. Die auf etwa 300 Personen anwachsende Demonstration führte über die Sonnenallee und Erkstraße zum Rathaus Neukölln, wo sie kurz nach 14 Uhr eintraf. Nach Redebeiträgen endete diese Versammlung gegen 14.40 Uhr mit noch circa 150 Verbliebenen, die im Anschluss den Rathausvorplatz verließen.
Bei neun Männern nahmen die Einsatzkräfte die Personalien auf und fertigten Ordnungswidrigkeitenanzeigen, weil sie gegen die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verstoßen hatten.
Bei einem zweiten, für 15 Uhr angezeigten Aufzug kamen bereits gegen 14.30 Uhr rund 200 Personen am Hermannplatz zusammen, deren Anzahl bis 15 Uhr auf 1.200 anstieg. Dort erfolgten mehrfach Lautsprecherdurchsagen in deutscher und arabischer Sprache, in denen auf die zu beachtenden Hygieneregeln hingewiesen wurde. Mit etwa 1.500 Demonstrierenden setzte sich der Aufzug gegen 15.10 Uhr in Bewegung.
An dessen Spitze registrierten die Einsatzkräfte circa 300 Jugendliche und junge Erwachsene, die sich aggressiv zeigten und polizeifeindliche Sprüche skandierten. Kurz darauf wurden auch Pyrotechnik gezündet und Angehörige der polizeilichen Kommunikationsteams mit Böllern beworfen. Auch weitere Anwesende wie Pressevertretende waren von den Würfen mit Knallkörpern betroffen. Aus diesem Grund erfolgten erste, gezielte Festnahmen durch die Polizei Berlin.
Zudem trug eine Vielzahl der Teilnehmenden keine Mund-Nase-Bedeckung. In Höhe der Pannierstraße wurden daraufhin der zwischenzeitlich auf rund 3.500 Personen angewachsene Aufzug angehalten und nochmals zweisprachige Durchsagen getätigt. Da es zu erneuten Würfen von Pyrotechnik kam, die Hygieneregeln weiterhin nicht beachtet wurden und der Versammlungsleiter erklärte, keinen Einfluss mehr auf die Demonstration zu haben, wurde die Versammlung kurz nach 15.30 Uhr von der Polizei Berlin aufgelöst. Nach dreifacher Bekanntgabe der Auflösungsverfügung per Durchsagen und aufgrund des Umstands, dass sich große Teile der vormaligen Versammlungsteilnehmenden weigerten, den Ort zu verlassen und damit unter anderem weiterhin Infektionsrisiken schufen, wurden polizeiliche Zwangsmaßnahmen für den Fall angekündigt, dass sich die Personen weiterhin nicht entfernen würden.
Wegen der zunehmenden Aggressivität wurden die Verbindungskraft zum Versammlungsleiter und die Kommunikationsteams zurückgezogen. Ab 16 Uhr kam es vor allem zwischen der Pannier- und der Friedelstraße zu massiven Flaschen-, Stein- und Böllerwürfen auf die Einsatzkräfte und deren Polizeifahrzeuge. Diese Angriffe machten wiederholt den Einsatz von körperlicher Gewalt und Reizstoffsprühgeräten erforderlich. Die Polizei Berlin nahm zahlreiche Tatverdächtige fest und erteilte Personen, die sich lediglich am Ort aufhielten, fortwährend Platzverweise. Bereits gegen 17.30 Uhr konnte so die Lage beruhigt werden.
In diesem Zusammenhang wurden durch die Einsatzkräfte 59 Personen unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie Gefangenenbefreiung festgenommen. Darüber hinaus wurden bei weiteren 150 Personen die Identitäten festgestellt und Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und wegen des Nichtnachkommens von Platzverweisen eingeleitet.
Gerufene israelfeindliche Parolen wurden während des Aufzuges dokumentiert und ggf. unmittelbar übersetzt. Die Sachverhalte wurden und werden vom Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamtes auf ihre Strafbarkeit geprüft.
Zu einem dritten Aufzug versammelten sich gegen 16.15 Uhr rund 700 Teilnehmende am Oranienplatz. Etwa eine halbe Stunde später setzte sich die Demonstration mit nunmehr etwa 1.000 Personen in Bewegung und erreichte kurz vor 17 Uhr mit circa 2.500 Teilnehmenden das Kottbusser Tor, wo eine Zwischenkundgebung stattfand. Danach zog der Aufzug weiter und traf gegen 17.45 Uhr am Zielort am Hermannplatz ein. Um die Mindestabstände gewährleisten zu können, wurden die Versammlungsteilnehmenden bis in die Hermannstraße geleitet. Mit rund 850 Verbliebenen endete die Versammlung kurz nach 18.30 Uhr. Bis 19.30 Uhr hatten die ehemaligen Versammlungsteilnehmenden den Zielort verlassen.
Bis auf wiederholte Durchsagen in deutscher und arabischer Sprache, mit denen auf die Hygieneregeln hingewiesen wurde, waren keine polizeilichen Maßnahmen notwendig.
Bei einer Kundgebung an der Kreuzung Hermannplatz Ecke Hermannstraße, die ohne Vorkommnisse verlief und sich gegen die drei Aufzüge richtete, fanden sich in der Zeit von 15.15 Uhr bis 15.50 Uhr zwei Teilnehmende zusammen.
Zur Betreuung der vier Versammlungen waren insgesamt rund 900 Einsatzkräfte im Dienst. Von ihnen wurden, insbesondere bei den Ereignissen in der Sonnenallee während des zweiten Aufzuges, 93 verletzt. Eine Einsatzkraft musste wegen einer erlittenen Prellung vorzeitig ihren Dienst beenden.