230331 – 0378 Frankfurt am Main: Polizeiliche Kriminalstatistik 2022 der Frankfurter Polizei vorgestellt
(di) Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Polizeipräsident Stefan Müller am heutigen Morgen die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main für das Jahr 2022 vor. Gemeinsam mit dem Leiter des Abteilungsstabes, Herrn Marco Weller, und dem Leiter der Kriminaldirektion, Herrn Viktor Lekic, führte der Polizeipräsident zu Kriminalitätsentwicklung und Kriminalitätsschwerpunkten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main aus.
Da während der beiden vergangenen Jahre, aufgrund der andauernden Pandemie, besondere Rahmenbedingungen vorherrschten und die Kriminalitätsbelastung in vielen Bereichen geringer war als in den Jahren zuvor, galt es, in diesem Jahr vor diesem Hintergrund einen genaueren Blick auf die Entwicklung der Kriminalität zu werfen.
Im Vergleich zum vergangenen Jahr wurde ein Anstieg der Fallzahlen um 12.598 Fälle auf insgesamt 109.047 Straftaten (+13,1%) registriert. Gemessen am vorpandemischen Straftatenaufkommen ist die Fallzahl um 4,7% gesunken (2019: 114.421 Fälle). Auch die Häufigkeitszahl, die Anzahl der registrierten Straftaten pro 100.000 Einwohnern, liegt mit 14.363 niedriger als im Jahr 2019 (15.194) und damit auch unterhalb des Durchschnitts der vergangenen zehn Jahre.
Kernaussagen
- Anstieg der Fallzahlen im direkten Vergleich zum Vorjahr um
12.598 Fälle auf insgesamt 109.047 Straftaten (+13,1%)
- Gesamtzahlen insgesamt auf annähernd gleichem Niveau wie vor der
Corona-Pandemie - im 10-Jahres-Vergleich weiter abnehmende
Tendenz
- Fallzahlen beim Wohnungseinbruchsdiebstahl auf historischem
Tiefstand
- Straftaten gegen das Leben auf Vor-Pandemie-Niveau
- Ein Großteil der gefährlichen und schweren Körperverletzungen
findet im öffentlichen Raum statt - zwei von drei Taten wurden
aufgeklärt
- Mehr Fälle im Bereich der Straßenkriminalität (Straßenraub,
Taschendiebstahl, sexuelle Belästigung)
- Vermehrt Angriffe auf Angehörige der LSBTIQ*-Szene
- Starker Anstieg der Straßenkriminalität im Bahnhofsgebiet und
merklicher Zuwachs bei der Verwendung von WaffenWED
Besonders hervorzuheben ist die überaus positive Entwicklung im Bereich des Wohnungseinbruchdiebstahls. Entgegen dem allgemeinen Hessentrend sanken die Fallzahlen in Frankfurt auch im vergangenen Jahr. Der Wohnungseinbruchsdiebstahl erreichte damit seit Beginn der bundeseinheitlichen Erfassung im Jahr 1971 einen historischen Tiefstand. Mit 702 registrierten Fällen gingen die Straftaten im vergangenen Jahr nochmals um 2,9% zurück. Die anhaltende rückläufige Entwicklung im Polizeipräsidium Frankfurt am Main bestätigte sich auch im Jahr 2022. "Dieses Ergebnis ist besonders vor dem Hintergrund der zunehmenden Stadtbevölkerung erwähnenswert. Während 1971 noch jede 166. Wohnung Gegenstand eines Einbruchs war, ist es heutzutage nur noch jede 584. Wohnung. Der in den höchstpersönlichen Lebensbereich der Opfer eingreifende Deliktsbereich hat für die Polizei weiterhin eine hohe Priorität und die Zahlen verdeutlichen, dass die hier unternommenen Anstrengungen in konzeptioneller und personeller Sicht weiterhin Wirkung zeigen", so Kriminaldirektor Viktor Lekic.
Straftaten gegen das Leben
Mit 83 Fällen liegen die Straftaten gegen das Leben 38 Fälle über dem Vorjahres- und fünf Fälle über dem vorpandemischen Niveau. Der deutliche Anstieg ist in Teilen auch der statistischen Nacherfassung von Delikten aus dem Vorjahr geschuldet. Eine Veränderung des tatsächlichen Kriminalitätsgeschehens fand nicht statt. Bei gut 70% der Fälle handelte es sich um Versuche. Die Opfer standen in den meisten Fällen in einer Vorbeziehung mit den Tätern.
Straßenkriminalität
61,3% der gesamt registrierten Fälle der gefährlichen und schweren Körperverletzung wurden im öffentlichen Raum begangen. Das entspricht 1.787 von insgesamt 2.916 erfassten Straftaten. Ein Großteil von diesen Taten (33,6%) wurde hierbei im Bereich des Bahnhofsgebietes verübt.
Die Fallzahlen beim Taschendiebstahl sind um 54,9% Prozent angestiegen. Insgesamt wurden 2.739 Fälle registriert. In diesem Deliktsbereich sind nach wie vor spezialisierte Fahnder im Einsatz, was dazu geführt hat, dass die Aufklärungsquote in diesem Phänomenbereich seit 2019 kontinuierlich gesteigert wurde.
Auch bei der Raubkriminalität sind mehr Fälle zu verzeichnen. Mit 713 Delikten liegt die erfasste Kriminalität 42,6% über dem Vorjahreswert. Die Stadtteile mit dem größten Personenaufkommen zur Nachtzeit waren stark belastet, wobei sich das Bahnhofsgebiet, die Konstablerwache, die Zeil sowie Alt-Sachsenhausen hierbei als Tatschwerpunkte herausstellten.
Nach Ende der Pandemie stiegen auch die Fälle der sexuellen Belästigung an. Insgesamt wurden hier 217 Fälle erfasst, was einem Zuwachs von 29,2% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Nicht alle Delikte finden direkt auf der Straße statt, doch überwiegend im öffentlichen Bereich. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der Innenstadt.
LSBTIQ*-feindliche Straftaten
Im Jahr 2022 kam es an den Wochenenden im Bereich um die Zeil wiederholt zu verbalen und körperlichen Angriffen auf Angehörige der LSBTIQ*-Community. Insgesamt wurden 38 Fälle erfasst. Das entspricht einer Steigerung von 22 Fällen im Vergleich zum Vorjahr. In den überwiegenden Fällen handelte es sich um Körperverletzungsdelikte (19 Fälle) und Beleidigungen (8 Fälle). Polizeipräsident Müller führte hierzu aus: "Als Reaktion auf die Vorkommnisse haben wir Maßnahmen zum Schutz der Szene initiiert und stehen im engen Austausch mit den jeweiligen Interessensvertretern der Community, um die gemeinsame Vertrauensbasis weiter zu stärken. Dies führt zu einer Erhellung des Dunkelfelds, denn es ist unsere Aufgabe, die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen - egal welcher Herkunft, Religionszugehörigkeit, sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität sie angehören."
Gewalt gegen Einsatzkräfte
Die Gewalt gegen Einsatzkräfte bewegte sich im vergangenen Jahr weiterhin auf einem hohen, aber gleichbleibenden Niveau. Insgesamt wurden 727 Fälle registriert, was einem Anstieg von 24 Fällen im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Bahnhofsgebiet
Im Bahnhofsgebiet sind die Fallzahlen um mehr als ein Fünftel von 7.925 auf 9.605 Fälle gestiegen. Im Bereich der Körperverletzungen stieg die Zahl der Straftaten um 30,2% auf insgesamt 1.079 Delikte. Der Taschendiebstahl hat sich, diesem Trend folgend, im Vergleich zum Vorjahr auf 863 Fälle nahezu verdoppelt. Und auch der Straßenraub im Bahnhofsgebiet liegt mit 342 registrierten Fällen 65,2% über dem Vorjahresniveau.
Seit 2015 ist eine steigende Tendenz der Fallzahlen im Bahnhofsgebiet zu erkennen. Der Leiter des Abteilungsstabs, Marco Weller, erklärte den Zuwachs des letzten Jahres wie folgt: "Die Zündschnur scheint bei vielen kürzer geworden zu sein. Wir beobachten gerade in der Öffentlichkeit, dass die letzten beiden Jahre mit eingeschränkten Sozialkontakten mutmaßlich negativ auf die Fähigkeit gewirkt haben, Konflikte verbal und gewaltfrei zu lösen. Das Bedürfnis, die Pandemiejahre nachzuholen, scheint zudem zu einer Enthemmung und zu einem intensiveren Ausleben geführt zu haben."
Ein geringer Teil des Anstiegs ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass die Verdopplung der polizeilichen Präsenz mehr Möglichkeiten bietet, die Polizei anzusprechen, unmittelbar Strafanzeige zu erstatten und Fahndungshinweise mitzuteilen.
Der regelmäßige Einsatz von zusätzlichen Unterstützungskräften der Hessischen Bereitschaftspolizei seit September des vergangenen Jahres hat bereits dazu geführt, dass das Niveau der Fallzahlen im Bereich des Straßenraubes sukzessive gegen Jahresende gesenkt wurde und im Dezember bereits unterhalb des Vorjahresniveaus lag.
"Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist eines unserer Kernthemen. Daher gilt es, an die bisherigen Anstrengungen anzuknüpfen, die polizeiliche Präsenz im öffentlichen Raum aufrecht zu erhalten sowie die potentiellen rechtlichen und taktischen Möglichkeiten zur Kriminalitätsbekämpfung auszuschöpfen." so Stefan Müller.
Der Polizeipräsident stellte während der Pressekonferenz die Anzahl der Waffendelikte des Jahres 2022 im Bahnhofsgebiet vor. Demnach stiegen Delikte unter Verwendung von Waffen deutlich von 239 auf 334 Straftaten an. Große Zuwächse waren bei der Körperverletzung mit Waffen (107 in 2021 auf 182 Straftaten in 2022) und bei Raubdelikten mit Waffen (von 35 auf 61 Delikte) zu verzeichnen. 98 der 334 Fälle fanden unter der Verwendung von Messern (2021: 102 Straftaten) statt. Bei der Verwendung von Reizstoffsprühgeräten (Pfefferspray) haben sich die Fallzahlen nahezu verdoppelt (109 in 2021 zu 201 in 2022).
Vor dem Hintergrund der präsentierten Ergebnisse resümierte Polizeipräsident Müller, dass das letzte Jahr aufgrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein sehr besonderes Jahr gewesen sei. Das Auslaufen der Pandemie habe deutliche Spuren in der Polizeilichen Kriminalstatistik hinterlassen. Die Anstiege in den Bereichen Straßenraub, Taschen-/Trickdiebstahl und Körperverletzung seien überproportional und im Bahnhofsgebiet besonders ausgeprägt. Die Frankfurter Polizei habe ihre Präsenz im Bahnhofsgebiet deutlich verstärkt und sei mittlerweile an jedem Wochenende mit zusätzlichen Einsatzkräften nicht nur in Alt-Sachsenhausen, sondern auch dem Regenbogenviertel unterwegs. Die Corona-Pandemie habe im Bahnhofsgebiet zu einer stärkeren Verelendung und in Kombination mit dem hohen Straftatenaufkommen, auch unter Verwendung von Waffen, zu einer besonderen Problemlage geführt. Um diesen Phänomenen entgegenzuwirken, sprach sich der Polizeipräsident erneut für die Einrichtung einer Waffenverbotszone im Bahnhofsgebiet und die Modernisierung beziehungsweise Installation von Videoschutzanlagen an den, angelehnt an den Stadtverordnetenbeschluss aus dem Jahr 2018, festgelegten Standorten aus. Beide Maßnahmen stellten sinnvolle Ergänzungen der polizeilichen Konzepte dar und seien mit Blick auf die UEFA Euro 2024 aus Sicht der Polizei wichtige Sicherheitsbausteine.
Weitere Übersichten zur PKS 2022 der Frankfurter Polizei finden Sie unter:
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