Kriminalitätsbericht 2020: Einbruchszahlen so niedrig wie seit 30 Jahren nicht – Coronajahr verändert Kriminalität in Duisburg

Die Coronapandemie und die damit verbundenen Maßnahmen haben das Jahr 2020 geprägt und das Leben der Menschen in einer Art und Weise verändert, die vorher unvorstellbar schien: Lockdowns, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht und Homeoffice haben auch die Kriminalität in Duisburg beeinflusst. Nahezu alle Bereiche der Kriminalstatistik 2020 lassen Rückschlüsse auf die pandemische Entwicklung zu. Rekordverdächtig ist beispielsweise die Abnahme der Wohnungseinbrüche: Zum ersten Mal seit 30 Jahren ist die Fallzahl mit 982 unter die Marke von 1.000 gerutscht. Aber auch Diebstähle und Delikte der Straßenkriminalität gingen zurück: Es gab zum Beispiel gut 36 % weniger Raubüberfälle auf Straßen, Wegen und Plätzen. Eine Zunahme gab es beim Betrug, der unter anderem dazu führte, dass auch die Gesamtzahl der Straftaten leicht anstieg. Mit insgesamt 43.091 Straftaten erreichte Duisburg dennoch den zweitniedrigsten Wert der vergangenen 20 Jahre. Nur 2019 gab es mit 42.166 noch weniger Straftaten in Duisburg. Die Polizei konnte im vergangenen Jahr mit 17.542 wieder mehr Tatverdächtige ermitteln und die Aufklärungsquote auf gut 58 % steigern. "Das ist ein Zehnjahresbestwert. Ich bin stolz auf die Leistung meiner Beamtinnen und Beamten. Trotz erschwerter Arbeitsbedingungen, die die Pandemie mit sich gebracht hat, haben die Duisburger Polizistinnen und Polizisten die Fälle hoch motiviert bearbeitet", lobt Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels die Arbeit der Ordnungshüter. Trotz der sinkenden Zahlen bei den Straftaten gegen das Leben von 25 auf 16 im vergangenen Jahr (darunter ein Mord, drei Mordversuche und acht Fälle von versuchtem Totschlag), bleibt die Arbeitsbelastung bei der Duisburger Kripo hoch. Mit 55 Mordkommissionen fiel bei den Ermittlern im Jahr 2020 rein rechnerisch mehr als eine "MK" pro Woche an: 35 davon in Duisburg und 20 im Kreis Wesel, für den die Duisburger Kriminalpolizei bei einem Verdacht auf ein Tötungsdelikt ebenfalls zuständig ist. Darüber hinaus rollten die Beamten zwei Cold Cases aus dem Kreis Wesel wieder auf: Die Mordfälle Martina Möller (1986) und Bärbel Werner (1987) wurden in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" ausgestrahlt, was zu hunderten Hinweisen und neuen Ermittlungsansätzen führte, die die Kripo noch immer verfolgt. "Wir lassen auch bei alten Fällen ohne heiße Spur nicht locker. Mit viel Personal und neuen Methoden sind wir den unbekannten Tätern auf den Fersen. Das sind wir den Opfern schuldig", betont die Polizeipräsidentin. Herausragende Fälle der Duisburger Mordkommission: Am 29. Februar flüchtete ein 32-Jähriger nach einer Kneipenschlägerei in Hochfeld zu Fuß vor seinen Kontrahenten. Zwei Männer nahmen in einem Auto die Verfolgung auf. Der 26-jährige Fahrer rammte bei dieser Hetzjagd zwei Fahrzeuge mit seinem Mercedes, bevor er schließlich auf der Wanheimer Straße den 32-Jährigen und ein unbeteiligtes 13-jähriges Mädchen anfuhr und schwer verletzte. Wegen versuchten Mordes wurde er zu elf Jahren Haft verurteilt. Am 10. März hat ein 26-Jähriger die Familie seiner Ex-Freundin in ihrem Haus in der Gemeinde Alpen angegriffen. Er attackierte seine Ex-Freundin (20) und deren 50-jährige Mutter mit einem Messer und versuchte später, das Haus der Familie anzuzünden. Polizisten konnten den Mann vor Ort stellen. Er kam wegen des Verdachts des versuchten Mordes und der versuchten schweren Brandstiftung zunächst in Untersuchungshaft und wurde später zur Unterbringung in einer Psychiatrie verurteilt. Am 3. Juni attackierte ein 39-Jähriger im Böninger Park in Hochfeld seine von ihm getrennt lebende Ehefrau mit einem Messer. Dabei verletzte er die 40-Jährige am Hals, sodass sie notoperiert werden musste. Auch die 19 Jahre alte Tochter der Eheleute wurde verletzt, als sie dazwischen ging. Der Mann flüchtete zunächst vom Tatort, konnte aber einen Tag später in der Nähe seiner Wohnanschrift in Rheinland-Pfalz festgenommen werden. Der Prozess wegen versuchten Mordes läuft noch. Bei der intensiven Suche nach einem vermissten Mädchen fanden Polizisten am 10. Oktober den Leichnam der 14-Jährigen im Keller eines Abbruchhauses an der Heerstraße in Hochfeld. Sie starb infolge stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Kopf. Tatverdächtig ist der ebenfalls 14 Jahre alte Freund des Opfers. Er verstrickte sich im Laufe der Befragungen in Widersprüche und kam schließlich wegen des Verdachts des Totschlags in Untersuchungshaft. Die Tat ist noch nicht verhandelt. Tatverdächtige Die Polizei konnte im Coronajahr insgesamt 17.542 Tatverdächtige ausfindig machen. Davon waren 4.419 weiblich, was einem Anteil von etwa 25 % entspricht. Die Zahl der tatverdächtigen Kinder (unter 14 Jahren) ging um fast 13 % von 738 auf 645 zurück. Diebstahl Diebstähle machen nach wie vor einen großen, aber im Vergleich der letzten Jahre immer kleiner werdenden Anteil an der Gesamtkriminalität aus. Waren 1990 noch etwa 71 % aller Straftaten Diebstähle, liegt ihr Anteil in 2020 mit 35 % nur noch halb so hoch. Im Vergleich zu 2019 sank die Gesamtzahl der Diebstähle im Coronajahr von 16.588 um 1.342 auf 15.246. Bereits im Vorjahr gab es einen ähnlich starken Rückgang. Besonders erfreulich: Auch die Summe der Beute ging in 2020 um etwa ein Drittel von etwas mehr als 22 Millionen Euro auf knapp 15 Millionen zurück. Wohnungseinbruch Dass die Wohnungseinbrüche auf einen Tiefststand von 982 (2019: 1.148) sanken, ist nicht nur der Pandemie geschuldet. Die Tendenz zu weniger Einbrüchen gibt es, unterbrochen von wenigen Ausreißern, bereits seit mehreren Jahren. Sowohl die Ermittler des Fachkommissariats als auch das Kommissariat für Kriminalprävention haben einen Anteil daran. Die Experten der Vorbeugung geben kostenlos Tipps zum Thema Einbruchschutz - in 2020 geschah dies pandemiebedingt meistens online oder am Telefon. Fast jeder zweite Wohnungseinbruch (438) blieb dank gut gesicherter Türen und aufmerksamer Nachbarn im Versuchsstadium stecken. Außerdem gelang der Kripo im April ein großer Erfolg im Bereich der Einbruchsbekämpfung: Ermittler identifizierten insgesamt 14 Tatverdächtige, die von einem Lokal in Krefeld aus operierten und für 50 Einbrüche in ganz Deutschland verantwortlich sein sollen. Zwei von ihnen wurden bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Straßenkriminalität Unter der Straßenkriminalität werden Delikte zusammengefasst, die sich auf Straßen, Wegen oder öffentlichen Plätzen abspielen. Dazu können Fahrraddiebstähle (1.508), Raubüberfälle (155) aber auch schwere Körperverletzungen (473) gehören. Diese Delikte wirken sich sehr stark auf das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger aus und finden deswegen große Beachtung. Ihre Gesamtzahl sank im Coronajahr von 10.360 auf 9.587. Hier könnte die Pandemie die Entwicklung aus den Vorjahren verstärkt haben. Seit etwa fünf Jahren geht die Straßenkriminalität bereits zurück: So lag Duisburg im Jahr 2016 noch bei 13.169 Fällen. Raub Die Zahl der Raubdelikte sank im vergangenen Jahr um gut 12 % auf 386 (440 in 2019, 447 in 2018). Auch wenn die Zahl der Betroffenen geringer geworden ist, bleiben Tatopfer häufig traumatisiert zurück. So erging es auch Eheleuten (59 und 66) aus Meiderich nach einem brutalen Überfall im Herbst 2020. Unbekannte waren in einer Nacht im September in das Wohnhaus des Paares eingedrungen und griffen es im Schlafzimmer an. Die Täter schlugen ihre Opfer, fesselten sie, raubten sie aus und entkamen unerkannt. Die Ermittler lassen auch nach mehreren Monaten nicht locker und suchen unter anderem mit einem Fahndungsfoto weiter nach den Tätern. In einem anderen Fall hat sich diese Hartnäckigkeit bereits bezahlt gemacht: So konnte die Kripo im Frühjahr eine brutale Raubserie aufklären, die bereits 2019 begann. Die Ermittler machten eine Gruppe von fast 40 Jugendlichen aus, die in wechselnder Besetzung Kioske und Lottoannahmestellen vor allem in Homberg überfallen bzw. dies unterstützt haben soll. Die Haupttäter wurden bereits zu Haftstrafen verurteilt. Häusliche Gewalt und Körperverletzung Häusliche Gewalt findet sich nicht als Tatbestand im Strafgesetzbuch wieder, sondern ist eher als Phänomen zu verstehen, das statistisch Delikten wie Körperverletzung oder Bedrohung zugeordnet wird. Sie ist deshalb in der Kriminalstatistik nicht als eigene Kategorie ausgewiesen, wird aber dennoch erfasst. Im Coronajahr registrierte die Polizei insgesamt 1.005 Fälle von häuslicher Gewalt und damit einen Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren (2019: 1.070, 2018: 1.241). Man geht allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus. Delikte, die im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt am häufigsten erfasst werden sind Körperverletzungen. Ihre Zahl sank in 2020 auf 4.076 (4.277 in 2019). Darunter sind insgesamt 1.128 Fälle von schwerer oder gefährlicher Körperverletzung. Knapp 12 % aller Fälle von Körperverletzung (471) ereigneten sich im öffentlichen Raum. Die Aufklärungsquote ist mit 85 % anhaltend hoch. Betrug Mit einem Plus von 1.530 auf insgesamt 9.206 Fälle gab es bei den Betrugsdelikten den größten Anstieg von Straftaten in Duisburg. 1.114 dieser Fälle, also fast 18 %, sind jedoch auf einen einzigen Verursacher zurückzuführen: Sie sind Teil eines noch nicht abgeschlossenen Strafverfahrens, bei dem eine Firma mit betrügerischen Absichten einen Schaden von insgesamt mehr als 650.000 Euro verursacht haben soll. Die Ermittlungen dauern an. Außerdem gab es 697 Fälle von Warenbetrug (2019: 588), bei denen ein Verkäufer zum Beispiel bei einem Internetkauf keine oder minderwertige Waren ausgeliefert hat. Auch das Erschleichen von Leistungen mit 5.449 Fällen (2019: 4.960), zu dem hauptsächlich das sogenannte Schwarzfahren zählt, bedingt die Zunahme. Auch hier liegt Corona als Erklärung nahe: Im Zusammenhang mit Maskenkontrollen in den öffentlichen Verkehrsmitteln sind auch etliche Fahrgäste ohne gültige Tickets aufgefallen. Zudem wurde die Kriminalstatistik coronabedingt um eine ganz neue Kategorie erweitert. Sie enthält insgesamt 89 Fälle von Subventionsbetrug im Zusammenhang mit Corona, die die Polizei bis zum Jahresende verzeichnete. Trickbetrug In der Pandemie sind Senioren stärker ins Visier von Trickbetrügern geraten. Die Zahl der registrierten Fälle, in denen Betrüger arglose Senioren um ihr Geld gebracht oder es versucht haben, ist 2020 auf 67 gestiegen. Hier sind allerdings nur Fälle erfasst, in denen es zu konkreten Tathandlungen kam. Die Erfahrung der Ermittler zeigt außerdem, dass sich viele Betroffene schämen und solche Taten nicht anzeigen. Somit ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Umso wichtiger ist es der Polizei, auf die Gefahren hinzuweisen. Im Coronajahr haben die Täter ihre Tricks oftmals der Pandemie angepasst. Die Kripo warnt beispielsweise vor dem Schockanruf mit Coronabezug. Dabei gaukeln die Betrüger den Betroffenen vor, ein Angehöriger liege schwer erkrankt auf der Intensivstation und nur ein teures Medikament könne ihn retten. Die Schadenshöhe der 2020 in Duisburg erfassten Fälle von Trickbetrug liegt bei 288.566 Euro. Sexualdelikte Der anhaltende Trend beim Anstieg der Sexualdelikte setzte sich im vergangenen Jahr fort. Die Zahl der Fälle stieg von 479 auf 565 (402 in 2018) und erreichte damit einen traurigen Höchststand. Das Spektrum der Delikte ist breit: Es reicht von einer sexuellen Belästigung in Form von anzüglichen Bemerkungen bis zur Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch. Letzterer stieg 2020 auf 160 Fälle (2019: 138). Den größten Teil der Zunahme machen die Fälle von Verbreitung, Besitz oder Herstellung kinderpornografischer Schriften aus (damit sind auch Video- oder Fotoaufnahmen gemeint). Ihre Zahl stieg im Vergleich zu 2019 um 67 % auf 139, nachdem sie sich bereits im Vorjahr fast verdoppelt hatte (83 in 2019, 42 in 2018). Das kann unter anderem daran liegen, dass Bürgerinnen und Bürger nach den Missbrauchsfällen von Lügde und Bergisch Gladbach sensibilisiert sind und häufiger Verdachtsfälle melden. Die Kripo hat ihre Ermittlungsarbeit in diesem Bereich aber auch weiter intensiviert, beispielsweise durch zusätzliche Mitarbeiter, die immer mehr Fälle aufdecken. Im Zusammenhang mit kinderpornografischen Schriften haben die Ermittler in fast 90 % der Fälle Tatverdächtige ausfindig machen können. Widerstand und tätlicher Angriff Nur eine kleine Veränderung gibt es bei den tätlichen Angriffen auf Polizisten. Im vergangenen Jahr gab es 36 Fälle, in denen Polizisten nachweislich angegriffen wurden - das sind zwei Fälle weniger als im Jahr davor. Die Zahl der Widerstände sank im vergangenen Jahr von 256 auf 188. Seit 2020 gehören sogenannte Bodycams für Streifenpolizisten zur Standardausrüstung. Die an der Einsatzweste befestigten Kameras sollen potenzielle Angreifer abschrecken, aber auch für mögliche Strafverfahren Beweise sichern. Rauschgift Im Coronajahr stellten die Ermittler fest, dass sich der Handel mit Drogen in einigen Fällen von der Straße auf Kioske oder Privatwohnungen verlagert hat. So nahmen Beamte beispielsweise im Februar eine 30-jährige Frau fest, die aus ihrem Kiosk in Bruckhausen heraus Marihuana verkaufte. Insgesamt bearbeitete die Duisburger Polizei im vergangenen Jahr 2.144 Rauschgiftverfahren (2019: 1.592). Das ist ein Anstieg von fast 35 %. Die Zahl der Drogentoten stieg auf den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre: 13 Menschen verstarben 2020 infolge ihres Drogenkonsums. Umweltstraftaten Die Umweltstraftaten gehen in Duisburg weiter zurück. Die Gesamtzahl der Fälle sank im vergangenen Jahr von 253 auf 170. Dabei machten 135 Fälle von illegaler Entsorgung gefährlicher Abfälle den größten Anteil aus. Hierzu gehören beispielsweise die Entsorgung alter Kühlschränke im Gebüsch am Straßenrand oder die Ablage von Altreifen auf einem Parkplatz. Ein knappes Drittel der Umweltdelikte (29 %) konnten die Ermittler im vergangenen Jahr klären. Oft helfen Zeugen dabei: So kam die Polizei beispielsweise dank Hinweisen aus der Bevölkerung auf die Spur eines 18-Jährigen, der Anfang März etwa 500 Blockbatterien auf einem Spazierweg an der Rheinpreußenstraße in Homberg entsorgt hatte. Den ausführlichen Kriminalitätsbericht 2020 finden Sie auf der Homepage der Polizei Duisburg: https://duisburg.polizei.nrw/sites/default/files/2021-03/kriminalitaetsbericht2020_0.pdf Journalisten wenden sich mit Rückfragen bitte an: Polizei Duisburg - Pressestelle - Telefon: +49 (0)203 280-1041, -1045, -1046, -1047 Fax: 0203/2801049 E-Mail: pressestelle.duisburg@polizei.nrw.de https://duisburg.polizei.nrw Kontaktdaten anzeigen Journalisten wenden sich mit Rückfragen bitte an: Polizei Duisburg - Pressestelle - Telefon: +49 (0)203 280-1041, -1045, -1046, -1047 Fax: 0203/2801049 E-Mail: pressestelle.duisburg@polizei.nrw.de https://duisburg.polizei.nrw